Mario Sedlak
Elektroauto
Siehe auch
Umweltschutz
Hauptthemen
Foto

"CO2-frei" dank Wasserkraft

Foto

"Strom aus der Sonne" für das Elektroauto

Foto
Foto

Ökostrom-Ladestationen

Woher kommt der Strom für Elektroautos?

Je nachdem, welches Kraftwerk den Strom zum Laden eines Elektroautos erzeugt, unterscheiden sich die damit verbundenen Umweltwirkungen drastisch. Weil man nicht direkt sieht, welches Kraftwerk das ist, und weil der Kohlendioxid-Ausstoß von Elektroautos entscheidend davon abhängt, gibt es sehr unterschiedliche Meinungen:

Wer hat Recht?

Nach meiner Auffassung sind die Umweltwirkungen durch den Verbrauch von Strom unabhängig vom gewählten Stromanbieter bzw. Stromprodukt und insbesondere in Österreich nicht besser als in Deutschland, denn beide Länder verfügen über einen eng verbundenen Strommarkt. Die Behauptung, man könne Ökostrom kaufen und dann (nahezu) emissionsfrei mit dem Elektroauto herumfahren, ist eine rein rechnerische Umverteilung von Strom, die nichts daran ändert, dass der Strom de facto zum größten Teil aus alten Gas- und Kohlekraftwerken kommt, die ohne dem zusätzlichen Stromverbrauch von Elektroautos abschalten würden. Es wird auch kein zusätzlicher Ökostrom-Ausbau angeregt. Ich muss also den Pessimisten Recht geben.

Veranschaulichung

Nichtfahren heißt also, dass die Emissionen sinken – Fahren, dass sie steigen. Ganz leicht zu verstehen, und wenn es um Stromsparmaßnahmen oder neue Ökostrom-Kraftwerke geht, wird das Prinzip (die sog. Zuwachsbetrachtung) auch durchgehend richtig angewandt: In Pressemeldungen wird über das viele eingesparte Kohlendioxid gejubelt. Nur wenn der umgekehrte Fall – ein zusätzlicher Stromverbrauch – eintritt, heißt es plötzlich: "Das kommt darauf an, welches Kraftwerk den Strom erzeugt" und "verwendet man saubere Kraftwerke, ist die Ökobilanz makellos!" Aber man kann doch nicht die eingesparten Kilowattstunden den schmutzigsten und die zusätzlich verbrauchten Kilowattstunden den saubersten Kraftwerken zurechnen! Das ist reine Schönfärberei und hat mit der Wirklichkeit nichts zu tun!

Auch die Durchschnittsbetrachtung ist in dem Zusammenhang falsch: Wenn ich auf einen Berg gehe, ist für mich nur die Steigung dieses Berges und nicht der Durchschnitt aus allen Bergen Österreichs oder Europas von Bedeutung.

Gegenargumente

Foto

Solarzellen am Dach

Ich lade mein Elektroauto mit Strom von meinen eigenen Solarzellen, die ich mir extra zu dem Zweck auf mein Hausdach montiert habe!

Das trifft auf viele Elektroautofans zu. Die Vorstellung, dann völlig umweltfreundlich elektrisch herumfahren zu können, ist allerdings trügerisch:

  1. wäre das nur möglich, wenn du auf jegliche Förderungen verzichtest, denn die Förderungen sind begrenzt (basierend auf politisch vorgegebenen Ausbauzielen). Wenn die Förderung als Einspeisetarif gewährt wird, verkaufst du den Solarstrom und kannst ihn nicht zugleich selbst verbrauchen.
  2. Gut geeignete Dachflächen sind ebenfalls begrenzt. Wir brauchen die Solarzellen darauf als Ersatz für herkömmliche Kraftwerke, sonst kommen wir der Energiewende nicht näher.
  3. Auch die für den Solarstrom nötigen Netz- und Speicherkapazitäten sind begrenzt.[1]

Zum Vergleich – was würdest du von folgenden Argumenten halten:

Foto

Bau von Wasserkraftwerken

Mein Stromanbieter garantiert die Versorgung von Elektroautos aus neuen, umweltfreundlichen Kraftwerken!

Es ist unwahrscheinlich, dass irgendein Kraftwerk nur dann gebaut wird, wenn Elektroautos ans Netz gehen. Ökostrom-Kraftwerke werden über die Ökostrom-Förderung finanziert. Allenfalls werden die begrenzten Möglichkeiten zur Ökostromerzeugung etwas früher ausgenützt. Diesen Ökostrom brauchen wir dringend, um konventionelle Kraftwerke abschalten zu können.

Das Stromverbrauchswachstum durch Elektroautos ist so gering, dass dafür keine neuen Kraftwerke benötigt werden!

Auf die Menge kommt es nicht an. Die Umweltwirkungen durch den Verbrauch von Strom gelten für jede einzelne Kilowattstunde.

Im Gegensatz zu den Emissionen der Autos sind die Kohlendioxid-Emissionen der Kraftwerke EU-weit gedeckelt!

Dieser Deckel wird politisch bestimmt. Sollte der Preis der Emissionsberechtigungen zu stark steigen, wird die Politik Maßnahmen zum Schutz der Wirtschaft ergreifen. Außerdem können zusätzliche Emissionsberechtigungen über Projekte außerhalb von Europa geschaffen werden. (Der Umweltnutzen dieser Projekte ist tw. umstritten.)

Durch neue Stromanwendungen wie Elektroautos kann mehr Ökostrom ins Netz eingespeist werden![2]

Wenn es gerade so viel Wind und Sonne gibt, dass das Netz und/oder die Speicher gar nicht den ganzen Ökostrom aufnehmen können, dann kann man tatsächlich das Elektroauto klimaneutral aufladen. Das kommt aber nur sehr selten vor (in Norddeutschland vielleicht 100–200 Stunden im Jahr; in Österreich derzeit so gut wie gar nicht).

Wir können nicht warten, bis alle Gas- und Kohlekraftwerke abgeschaltet wurden! Wir müssen bis 2050 komplett auf fossile Energie verzichten![3]

Trotzdem ist der Kohlendioxid-Ausstoß von Elektroautos heute und auf absehbare Zeit nicht besser als von konventionellen Autos!

Mein Fazit

Auch wenn sie Ökostrom tanken, sollten Elektroautofahrer ihr Fahrzeug möglichst oft stehen lassen! Ein Umstieg von Autos auf gleichwertige Elektroautos ist erst dann eine Klimaschutzmaßnahme, wenn die letzten konventionellen Kraftwerke abgeschaltet sind.

Weiter

Pessimisten über die Herkunft des Stroms für Elektroautos

Quellen

[1] IFEU: Weiterentwicklung und vertiefte Analyse der Umweltbilanz von Elektrofahrzeugen (PDF, 6 MB), S. 25f.
[2]
  • Ulrich Wagner, Forschungsstelle für Energiewirtschaft e. V., E-Mail vom 28.2.2019 11:38 – "Nur durch neue Stromanwendungen wie EM lassen sich mehr Erneuerbare im Stromsystem überhaupt integrieren, und Abregelungen vorhandener Erneuerbaren reduzieren"
  • Fraunhofer ISI: Die aktuelle Treibhausgasemissionsbilanz von Elektrofahrzeugen in Deutschland (PDF), S. 22 (im PDF S. 26) – "Wenn eine Lastverlagerung unterstellt wird, tragen BEV zu einer besseren Integration der fluktuierenden EE und der Vermeidung der Abregelung von Strom bei"
[3]
  • Ulrich Wagner, Forschungsstelle für Energiewirtschaft e. V., E-Mail vom 28.2.2019 11:38 – "Die Transformation zu einer überwiegend regenerativer EM dauert noch sehr viele Jahre; es wird allerdings noch länger dauern, wenn wir nicht schon heute mit der Einführung von EM und dem Aufbau der Infrastruktur beginnen."
  • Fraunhofer ISI: Die aktuelle Treibhausgasemissionsbilanz von Elektrofahrzeugen in Deutschland (PDF), S. 25 (im PDF S. 29) – "Eine sukzessive Vorgehensweise – erst das Abschalten von Braunkohlekraftwerken und dann die Einführung von BEV – ist wegen den Zeitkonstanten und der Marktdiffusionsgeschwindigkeit notwendiger Technologien nicht zielführend."

Seite erstellt am 17.1.2012 – letzte Änderung am 12.12.2023