Woher kommt der Strom für Elektroautos?
Je nachdem, welches Kraftwerk den Strom zum Laden eines Elektroautos erzeugt, unterscheiden sich die damit verbundenen Umweltwirkungen drastisch. Weil man nicht direkt sieht, welches Kraftwerk das ist, und weil der Kohlendioxid-
- Für überzeugte Befürworter und Werbeprofis ist klar: Das Elektroauto fährt mit reiner erneuerbarer Energie! Schließlich haben wir genug Wasserkraft und sonstigen Ökostrom!
- Die meisten rechnen mit dem durchschnittlichen Strommix eines Landes. Eine Zuordnung von Stromverbrauchern zu bestimmten Kraftwerken ist ihrer Meinung nach reine Spekulation, da alle am gleichen Netz hängen.
- Pessimisten betrachten jene Kraftwerkstypen, die ihre Leistung erhöhen können oder von denen mehr gebaut wird, wenn bzw. weil der Stromverbrauch wächst: Das sind derzeit fast ausschließlich Kraftwerke, die fossile Energie verbrennen.
Wer hat Recht?
Nach meiner Auffassung sind die Umweltwirkungen durch den Verbrauch von Strom unabhängig vom gewählten Stromanbieter bzw. Stromprodukt und insbesondere in Österreich nicht besser als in Deutschland, denn beide Länder verfügen über einen eng verbundenen Strommarkt. Die Behauptung, man könne Ökostrom kaufen und dann (nahezu) emissionsfrei mit dem Elektroauto herumfahren, ist eine rein rechnerische Umverteilung von Strom, die nichts daran ändert, dass der Strom de facto zum größten Teil aus alten Gas- und Kohlekraftwerken kommt, die ohne dem zusätzlichen Stromverbrauch von Elektroautos abschalten würden. Es wird auch kein zusätzlicher Ökostrom-
Veranschaulichung
- 20 m2 Solarzellen produzieren den Strom für ein Elektroauto oder ersetzen jährlich eine halbe Tonne Kohle in einem Kohlekraftwerk.
- Neun Windkraftwerke sparen 35 000 t Kohlendioxid pro Jahr. 20 000 Elektroautos machen diese Ersparnis wieder zunichte, weil sie den Strom verbrauchen, der sonst die Erzeugung von konventionellen Kraftwerken ersetzt hätte.
Nichtfahren heißt also, dass die Emissionen sinken – Fahren, dass sie steigen. Ganz leicht zu verstehen, und wenn es um Stromsparmaßnahmen oder neue Ökostrom-
Auch die Durchschnittsbetrachtung ist in dem Zusammenhang falsch: Wenn ich auf einen Berg gehe, ist für mich nur die Steigung dieses Berges und nicht der Durchschnitt aus allen Bergen Österreichs oder Europas von Bedeutung.
Gegenargumente
Ich lade mein Elektroauto mit Strom von meinen eigenen Solarzellen, die ich mir extra zu dem Zweck auf mein Hausdach montiert habe!
Das trifft auf viele Elektroautofans zu. Die Vorstellung, dann völlig umweltfreundlich elektrisch herumfahren zu können, ist allerdings trügerisch:
- wäre das nur möglich, wenn du auf jegliche Förderungen verzichtest, denn die Förderungen sind begrenzt (basierend auf politisch vorgegebenen Ausbauzielen). Wenn die Förderung als Einspeisetarif gewährt wird, verkaufst du den Solarstrom und kannst ihn nicht zugleich selbst verbrauchen.
- Gut geeignete Dachflächen sind ebenfalls begrenzt. Wir brauchen die Solarzellen darauf als Ersatz für herkömmliche Kraftwerke, sonst kommen wir der Energiewende nicht näher.
- Auch die für den Solarstrom nötigen Netz- und Speicherkapazitäten sind begrenzt.[1]
Zum Vergleich – was würdest du von folgenden Argumenten halten:
- "Ich verbrauche das Erdöl, das ich auf meinem eigenen Grundstück gefunden habe. Daher trage ich nicht zur Verknappung der Reserven bei!" (Stell dir vor, die Ölfirmen argumentieren so ...)
- "Ich baue auf meinem eigenen Feld Energiepflanzen an. Den daraus gewonnenen Biosprit kann ich daher bedenkenlos verfahren!" (Stell dir vor, das macht jeder Bauer mit allen seinen Feldern ...)
Mein Stromanbieter garantiert die Versorgung von Elektroautos aus neuen, umweltfreundlichen Kraftwerken!
Es ist unwahrscheinlich, dass irgendein Kraftwerk nur dann gebaut wird, wenn Elektroautos ans Netz gehen. Ökostrom-
Das Stromverbrauchswachstum durch Elektroautos ist so gering, dass dafür keine neuen Kraftwerke benötigt werden!
Auf die Menge kommt es nicht an. Die Umweltwirkungen durch den Verbrauch von Strom gelten für jede einzelne Kilowattstunde.
Im Gegensatz zu den Emissionen der Autos sind die Kohlendioxid-Emissionen der Kraftwerke EU- weit gedeckelt!
Dieser Deckel wird politisch bestimmt. Sollte der Preis der Emissionsberechtigungen zu stark steigen, wird die Politik Maßnahmen zum Schutz der Wirtschaft ergreifen. Außerdem können zusätzliche Emissionsberechtigungen über Projekte außerhalb von Europa geschaffen werden. (Der Umweltnutzen dieser Projekte ist tw. umstritten.)
Durch neue Stromanwendungen wie Elektroautos kann mehr Ökostrom ins Netz eingespeist werden![2]
Wenn es gerade so viel Wind und Sonne gibt, dass das Netz und/oder die Speicher gar nicht den ganzen Ökostrom aufnehmen können, dann kann man tatsächlich das Elektroauto klimaneutral aufladen. Das kommt aber nur sehr selten vor (in Norddeutschland vielleicht 100–
Wir können nicht warten, bis alle Gas- und Kohlekraftwerke abgeschaltet wurden! Wir müssen bis 2050 komplett auf fossile Energie verzichten![3]
Trotzdem ist der Kohlendioxid-
Mein Fazit
Auch wenn sie Ökostrom tanken, sollten Elektroautofahrer ihr Fahrzeug möglichst oft stehen lassen! Ein Umstieg von Autos auf gleichwertige Elektroautos ist erst dann eine Klimaschutzmaßnahme, wenn die letzten konventionellen Kraftwerke abgeschaltet sind.
Weiter
Quellen
[1] | IFEU: Weiterentwicklung und vertiefte Analyse der Umweltbilanz von Elektrofahrzeugen (PDF, 6 MB), S. 25f. |
[2] |
|
[3] |
|