Missverständnisse bei der Stromkennzeichnung
Meiner Erfahrung nach wird die Stromkennzeichnung häufig missverstanden. Viele denken, wenn auf der Stromrechnung "100% Wasserkraft" oder "100% Ökostrom" steht, ist Stromsparen nicht mehr so wichtig. Das ist aus mehreren Gründen falsch:
- Manche Ökostrom-
Anbieter haben gar nicht genug Erzeugungskapazitäten, um Spitzenlasten zu decken oder sie besitzen keine Kraftwerke, die sich dem Verbrauch anpassen können. (Strom muss genau in dem Moment erzeugt werden, in dem er verbraucht wird!) In diesem Fall kann jeder Mehrverbrauch der Stromkunden de facto zum Hochfahren eines konventionellen Wärmekraftwerks führen. In die Stromkennzeichnung fließt jedoch nur die gesamte im Laufe eines Jahres erzeugte Strommenge ein – der Zeitpunkt der Erzeugung ist egal, d. h. zu Spitzenzeiten kann Strom aus irgendwelchen Kraftwerken kommen, die nicht deklariert werden müssen, wenn dafür zu anderen Zeiten (z. B. nachts) Stromüberschüsse produziert werden. - Selbst wenn der Ökostrom-
Anbieter genügend Kraftwerkskapazitäten besitzt bzw. jederzeit genug "sauberen Strom" einkauft, führt ein höherer Stromverbrauch letztlich wieder dazu, dass mehr "schmutziger Strom" produziert werden muss. - Auch ökologische Kraftwerke sind bei der Herstellung, Errichtung und tw. auch im Betrieb mit einer gewissen Umweltbelastung verbunden.
- Die Möglichkeiten zur ökologischen Stromproduktion sind auf absehbare Zeit begrenzt, sodass nur bei sparsamem Verbrauch die weniger umweltfreundlichen Kraftwerke ersetzt werden können.
Auch wenn du bei einem sehr umweltfreundlichen Stromanbieter Kunde bist, wird eine Stromheizung dadurch nicht unbedenklich für die Umwelt. Heizen mit Gas, Holz oder anderen Energieträgern bleibt in jedem Fall besser.
Genauso wenig sinkt der Schadstoffausstoß eines Elektroautos tatsächlich auf 0, wenn es mit Strom von einem Anbieter aufgeladen wird, der laut Stromkennzeichnung nur emissionsfreie Kraftwerke verwendet. Wer viel sauberen Strom verbraucht, nimmt diesen nämlich in den allermeisten Fällen irgendjemand anderem, dem die Herkunft des Stroms egal ist, weg. Es findet nur eine rechnerische Umverteilung statt – unter dem Strich verursacht jeder zusätzliche Stromverbrauch eine Erhöhung des Kohlendioxid-
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Siehe auch
- Umweltwirkungen durch den Verbrauch von Strom
- Kriterien für die Auswahl eines Ökostrom-
Anbieters – Dass es nur auf die Stromkennzeichnung ankomme, ist ein weiteres großes Missverständnis.
Weblinks
- Der Physiker Rüdiger Paschotta über Missverständnisse bei der Stromkennzeichnung