Kritik an der Stromkennzeichnung
Fehlender Nachfragedruck
Die Stromkennzeichnung ist im Prinzip eine gute Idee, aber sie verfehlt meiner Meinung nach ihren Zweck. Der Grund ist, dass es viel zu wenig Stromkunden gibt, die sauberen Ökostrom nachfragen. Es gibt in Europa genug Ökostrom, um alle Haushalte damit zu beliefern,[1] in Österreich sogar mehr als genug. Also selbst wenn tatsächlich jeder private Stromverbraucher auf reinen Ökostrom umsteigt, würde sich an der Stromproduktion nicht unbedingt etwas in Richtung Energiewende ändern. Es würden lediglich die restlichen Kunden, denen die Herkunft ihres Stroms egal ist, dann den gesamten "schmutzigen" Strom allein verbrauchen. Das ist eine rein rechnerische Umschichtung und keinerlei Vorteil für die Umwelt.
Deswegen bin ich davon abgekommen, der Stromkennzeichnung eine große Hilfe bei der Entscheidung für einen Anbieter zuzumessen. Siehe stattdessen Kriterien für die Auswahl eines Ökostrom-
Nur Durchschnittswerte
Aus der Stromkennzeichnung lässt sich nicht ablesen, welche Kraftwerke tatsächlich den Strom produziert haben, als ich ihn gebraucht habe. Es wird nur belegt, dass die von mir verbrauchten Kilowattstunden irgendwann während des Jahres irgendwo in Europa erzeugt wurden. Trotz "0% Atomstrom" kann also de facto zu gewissen Zeiten mein Strom aus einem Atomkraftwerk kommen. Das belegt meines Erachtens, wie nichtssagend die Stromkennzeichnung ist.
Vergleich
Ein Blumenhändler verspricht Bio-
Allerdings gibt es einen wesentlichen Unterschied zwischen Bio-
- Bio-
Produkte werden nur produziert, wenn es auch jemanden gibt, der sie kauft. - Ökostrom gibt es hingegen im "Überfluss", weil 99% der Haushalte den billigeren Strom kaufen. Steigende Nachfrage bewirkt deshalb nicht automatisch eine steigende Produktion, und eine zeitgleiche Aufbringung von 100% Ökostrom kann aufgrund bestehender Überkapazitäten durch rein rechnerische Umverteilung erreicht werden. (So machen es – sinnvollerweise – Ökostrom-
Anbieter wie die Firma Oekostrom).
Tochtergesellschaften
Ein Stromanbieter darf unterschiedlichen Kundengruppen eine unterschiedliche Stromzusammensetzung verkaufen (Produktmix). Das wird oft als Beschönigung kritisiert, ist aber im Grunde das Gleiche, wie wenn zwei verschiedene Anbieter Strom unterschiedlicher Herkunft verkaufen. In der Tat gründen viele Anbieter eine 100%-
Es würde auch nichts bringen, wie Horst Ebner von der Firma Oekostrom forderte, alle verbundenen Unternehmen bei der Stromkennzeichnung zusammenzurechnen. Er denkt, dass dann die Ökostrom-
Rechtliches
- Die Stromkennzeichnung des Anbieters (Händlermix) wird bis auf die letzte Kilowattstunde kontrolliert, aber ein evtl. zusätzlich deklarierter Produktmix überhaupt nicht. Z. B. ist es völlig legal, den Kunden des billigeren Tarifs zu suggerieren, sie bekämen den Durchschnittsmix, und gleichzeitig bei Kunden des Premiumtarifs einen Produktmix mit besserer Zusammensetzung zu deklarieren (zusätzlich zum Durchschnittsmix). Das macht z. B. die Firma Oekostrom. – Meines Erachtens sollte der Produktmix bei allen Kunden oder bei keinem ausgewiesen werden und die angegebenen Prozentzahlen sollten von der E-
Control überprüft werden. Wenn auf der Rechnung nur der Durchschnittsmix angegeben wird, dann sollte es meiner Meinung nach nicht erlaubt sein, eine unterschiedliche Herkunft zu behaupten. - Der Verbund behauptete, dass sein Strom, den er an Industriekunden lieferte, aus Österreich stammt, obwohl seine Stromkennzeichnung "unbekannte Herkunft" auswies. Auch das ist völlig legal, denn die gesetzlichen Vorgaben beziehen sich nur auf das kleine Kästchen, das "Stromkennzeichnung" heißt. Was drum herum noch steht oder gesagt wird und ob das stimmt, ist rechtlich unbedeutend, d. h. die Anbieter dürfen über die "wahre" Herkunft ihres Stroms lügen wie sie wollen.
Weiter
Weblinks
- Der Bund der Energieverbraucher (Deutschland) über die Stromkennzeichnung
- Stromanbieter verkaufen Atomstrom als Ökostrom, Spiegel, 5.1.2008
- Umweltdachverband kritisiert Verbund, weil er bei Privatkunden mit "100% Wasserkraft" wirbt und Großkunden den übrigen "schmutzigen" Strom verkauft.
Quellen
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