Mario Sedlak
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Wärmekraftwerk und Solarzellen – konventionelle und ökologische Form der Stromerzeugung

Kostenwahrheit beim Vergleich von Kraftwerken

Ökostrom-Kraftwerke erzeugen scheinbar eindeutig teureren Strom als konventionelle Kraftwerke, denn sonst wäre keine Ökostrom-Förderung nötig. Allerdings verursachen besonders die konventionellen Kraftwerke auch Kosten, für die sie nicht aufkommen. Wenn man wissen will, welcher Kraftwerkstyp wirklich teurer ist, muss man alles aufsummieren und gewissenhaft vergleichen.

Externe Kosten

Rechnet man alles zusammen und berücksichtigt auch den Herstellungsaufwand der Kraftwerke, ergeben sich folgende Zahlen:[3]

Externe Kosten
Braunkohlekraftwerke 10,8 Cent/kWh
Steinkohlekraftwerke 9,0 Cent/kWh
Gaskraftwerke 4,9 Cent/kWh
Biomasse-Kraftwerke 1,9–7,2 Cent/kWh
Wasserkraftwerke 0,14 Cent/kWh
Windkraftwerke 0,3 Cent/kWh
Solarzellen 1,2 Cent/kWh

Nicht enthalten, da kaum berechenbar:

Subventionen

Zu den externen Kosten sind noch die Förderungen aus öffentlichen Mitteln hinzuzuzählen. Ich bezweifle jedoch, dass die Subventionen von Kraftwerken bei den Wärmekraftwerken wesentliche Beträge ausmachen bzw. dass man diese mit der Ökostrom-Förderung vergleichen kann.

Faire Vergleiche

Jetzt müssen wir zu den externen Kosten noch die reinen Erzeugungskosten hinzuzählen. Dann können wir mit den Ökostrom-Einspeisetarifen zzgl. der externen Kosten des Ökostroms vergleichen und sehen, was wirklich billiger ist. Wenn Braunkohlestrom 3,5 Cent/kWh kostet, dann ergibt sich ein Gesamtpreis von 3,5 + 10,8 = 14,3 Cent/kWh. Das wäre mehr, als die meisten Formen von Ökostrom kosten.

Es ist allerdings fragwürdig, ein Kraftwerk, das Strom nach Bedarf produzieren kann, mit einem, das Strom nur bei günstiger Wetterlage produziert, zu vergleichen. In unserer heutigen Kraftwerkslandschaft spart der Wind- und Solarstrom de facto nur Brennstoff ein, weil bei Flaute weiterhin konventionelle Kraftwerke benötigt werden. Daher wäre korrekterweise mit den reinen Brennstoffkosten zu vergleichen, welche für Kohlekraftwerke weniger als 1 Cent/kWh betragen können. Auch unter Einrechnung aller externen Kosten ist Kohle dann noch billiger als Solarstrom. Gas wäre u. U. sogar deutlich billiger (abhängig vom stark schwankenden Gaspreis).

Weiters ist das Rechnen mit einem Kohlendioxid-Preis von 80 €/t, durch den die externen Kosten so hoch werden, kritisierbar:

Zukunft

Die Ökostrom-Einspeisetarife sind auf 10–20 Jahre begrenzt. Nach Auslaufen der Förderung können Wasser-, Wind- und Erdwärme-Kraftwerke sowie Solarzellen das Strompreisniveau weiterhin drücken, weil sie praktisch keine variablen Kosten haben. Auf diesem Wege könnte der Stromverbraucher schließlich einen Teil seiner Ökostrom-Förderbeiträge zurückbekommen. Viele der ersten Windräder wurden allerdings nach Auslaufen der Förderung abgerissen und durch neue, größere, wieder geförderte ersetzt. Ich halte es daher für gewagt, beim Kostenvergleich heute schon an den Einspeisetarifen irgendetwas abziehen zu wollen.

Die Berliner Denkfabrik "Agora Energiewende" hat berechnet, dass Windkraftwerke und Solarzellen nie ohne Förderungen auskommen werden, weil sie sich am Strommarkt, wie er derzeit aufgebaut ist, selbst die Preise kaputtmachen: Gerade dann, wenn sie viel erzeugen, bekommen sie wenig bis gar nichts für ihren Strom.[4] Das passt meines Erachtens nicht zu der These, dass Ökostrom "eigentlich billiger" ist.

Mit einem Supernetz, das einen europaweiten Ausgleich von Erzeugungsschwankungen ermöglicht und vorhandene Speicherkraftwerke in Skandinavien anschließt, kann eine Versorgung mit 100% Ökostrom tatsächlich billiger sein – selbst ohne Hinzurechnung irgendwelcher externen Kosten.

Mein Fazit

Die oft verbreitete Meldung, dass Ökostrom eigentlich heute schon billiger als Kohlestrom ist, stimmt nicht. Der Ökostrom-Ausbau ist in der Tat ein "Opfer für die Allgemeinheit" – verursachergerecht und ein Vorbild für andere Länder.

Weiter

Subventionen von Kraftwerken

Siehe auch

Quellen

[1] Deutsches Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Erneuerbare Energien in Zahlen (PDF), 6 MB, 2012, S. 47
[2] Health and Environment Alliance: Was Kohlestrom wirklich kostet (PDF, 7 MB), 2013, S. 35
[3] Deutsches Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Erneuerbare Energien in Zahlen (PDF, 6 MB), 2012, S. 49
[4] Agora Energiewende: 12 Thesen zur Energiewende (PDF, 3 MB), 2012, S. 22 (im PDF S. 24)

Seite erstellt am 30.10.2013 – letzte Änderung am 1.12.2015