Energiepopulismus
Populisten sagen den Menschen, was sie gerne hören. Wenn es um die Energiewende und Energiezukunft geht, sind populistische Standpunkte leider besonders häufig.
Kernforderungen
- kleine, dezentrale Kraftwerke in Bürgerhand
- Erzeugung und Verbrauch in der Region statt internationalem Handel
- höchstens geringfügiger Ausbau des Stromnetzes
- keine weiteren Investitionen in fossile Energie und Atomkraftwerke
- kein Verzicht, sondern z. B. Umstieg auf Elektroautos
Merkmale
- Es gibt kein ausgearbeitetes Konzept, wie die Energiewende unter den geforderten Bedingungen funktionieren könnte und was es kosten würde.
- immun gegenüber sachlichen Einwänden
- arbeitet mit Lobby-
Methoden - Schlagwörter ohne präzisem Sinn wie "Demokratisierung der Stromwirtschaft"
- Hang zu Verschwörungstheorien, Aufbau von Feindbildern (irgendwelche Mächtigen verhindern die Energiewende)
Kritik
Die Argumente des Energiepopulismus sprechen gezielt die Wünsche von Laien an, welche in der Form aber nicht erfüllbar sind. Für Sachkundige ist klar, dass die Forderungen der Energiepopulisten eher kontraproduktiv für die Energiewende sind. Wir können mit der Bekämpfung des Klimawandels nicht warten, bis irgendwann vielleicht die beliebten kleinen, effizienten und bezahlbaren Stromspeicher zur Verfügung stehen.
Mit der nüchternen, oft enttäuschenden Wahrheit begeistert man die Massen nicht. Daher ist es verständlich, dass Mehrheitensucher wie Politiker, Unternehmen und Organisationen lieber frohe Botschaften verbreiten. Leider wird es dadurch umso schwieriger, die Menschen zu überzeugen, dass Stromnetzausbau, "zentrale" Kraftwerke und eine Reduktion des Verbrauchs durch Verzicht nötig sind, wenn wir von den ungeliebten fossilen und atomaren Energiequellen tatsächlich in überschaubarer Zeit loskommen wollen.
Beispiele
Für viele Energievorkämpfer ist der inzwischen verstorbene deutsche Politiker Hermann Scheer ein großes Vorbild. Er wusste genau, wie er den meisten Zuspruch bekommt, und war so beliebt, dass kaum jemand es wagte, ihn zu kritisieren, obwohl viele seiner Thesen eindeutig falsch sind.
2007 war ich bei einem "Energiestammtisch", wo ich den Eindruck hatte, dass dort Leute versammelt sind, die schon seit über 30 Jahren auf die Energiewende warten und langsam ungeduldig werden:
- Sie interessieren sich nicht für Wirkungsgrade (Arbeitszahlen) von Wärmepumpen, sondern wollen alle Ölheizungen damit ersetzen – Hauptsache, weg von der schmutzigen Energie.
- Viele produzieren ihren eigenen Ökostrom, den sie bedenkenlos verbrauchen (z. B. im Elektroauto) – Ökobilanzen sind nur etwas für Leute, die "päpstlicher als der Papst" sein wollen.
- Gaskraftwerke gehören sofort abgeschaltet.
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Mein Fazit
Der Energiepopulismus ist ein gutes (und trauriges) Beispiel dafür, wie sachliche Argumente von der Macht der Mehrheit einfach niedergewälzt werden. Auch die fundiertesten Studien kommen nicht gegen Intuition und Begeisterung an. Ich werde es aber weiterhin probieren ...