Mario Sedlak
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Gemeinschaft von Taizé

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Aufenthaltsbereich

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Meine Freundin und ich schliefen im Zelt.

Taizé

"Taizé" hatte ich das erste Mal 1997/98 in Wien gesehen. Es war eine große Veranstaltung, zu der viele junge Gäste aus allen Ländern strömten. Ich fragte: "Wo ist Taizé heuer?", als meine Freundin 2005 vorschlug, nach Taizé zu fahren. Eine lustige Frage, denn Taizé ist und war immer im Osten von Frankreich. "Taizé" ist eigentlich der Name eines kleinen Ortes, in dem sich eine Gemeinschaft von "Brüdern" befindet, zu der jede Woche (im Sommer) tausende überwiegend junge Menschen reisen (im Winter weniger), um gemeinsam zu beten, sich auszutauschen und ihren christlichen Glauben zu vertiefen oder den Dialog mit Gott zu suchen. Alljährlich gibt es in einer europäischen Stadt ein großes Treffen der Gemeinschaft von Taizé – das war das, was ich als "Taizé" kannte.

Die "Brüder" und die Gemeinschaft gehören zu keiner bestimmten christlichen Glaubensrichtung (katholisch, evangelisch, ...). Die "Brüder" sind so etwas Ähnliches wie Priester: Sie leben ganz für Gott; ehelos in bescheidenen Verhältnissen in Taizé. Diese Bescheidenheit wird auch von den Gästen verlangt:

Jugendliche unter 15 Jahren und Erwachsene ab 30 Jahren haben ein anderes Programm. Für die ist mein Bericht nur zum Teil relevant.

Hauptsprache in Taizé ist Englisch. Für die, die kein Englisch können, werden jedoch Übersetzer (aus den Reihen der Gäste) bereitgestellt.

Ich war mit meiner Freundin in der Woche vom 3.–10.7.2005 in Taizé. Da waren laut offiziellen Angaben rund 2000 Gäste (hauptsächlich "Jugendliche" 16–29 Jahre) anwesend. Der Platz ist ausreichend für 6000 Gäste (darüber hinaus wird improvisiert). Nach meiner Schätzung sind ca. 2/3 der Gäste weiblich.

Anreise und Kosten

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Anreise mit dem Bus

Es gibt/gab wöchentliche Pendelbusse. Ich fuhr mit einem Bus von Loacker Tours von Feldkirch (Österreich) nach Taizé um 56,50 €. Die Fahrt dauerte von 22:45 bis 7 Uhr (mit Pausen). Zum Glück war der Bus nur halb ausgelastet, sodass jeder einen Doppelsitz zur Verfügung hatte und so besser schlafen konnte. Ich war dennoch von der Reise so müde, dass ich erst 2 Tage nach der Ankunft mein Schlafdefizit einigermaßen ausgeglichen hatte.

Zelt hatten wir mitgebracht. Für das Essen und alle anderen Unkosten haben wir 50 € pro Person bezahlt. Wer nicht so viel bezahlen kann, bekommt u. U. eine Ermäßigung.

Die Heimreise im Bus hätte nochmals den gleichen Betrag wie die Anreise gekostet. (Ich fuhr mit meiner Freundin jedoch nach Barcelona weiter.)

Kirchenbesuche

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Kirche

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Ansammlung Kerzen

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Auferstehungsfeier

Der wichtigste Tagesbestandteil sind die gemeinsamen Gebete (Messen) in der Kirche (um 8:30, 12:20 und 20:30).

Die Kirche ist riesengroß und nach hinten ansteigend. Dennoch dachte ich mir beim ersten Besuch zunächst, wir hätten einen schlechten Platz erwischt. Denn ich konnte zwar alles gut hören, aber nichts sehen. Tatsächlich gibt es nichts zu sehen: Es gibt keine "Bühne"; die Brüder sitzen und schauen wie die Gäste alle in Richtung einer Ansammlung Kerzen. Sie singen und sprechen dezent über verschiedene Mikrofone. Ich hörte eine Gitarre spielen, sah aber keinen Gitarrespieler. Später habe ich den Gitarrespieler im vorderen Teil der Kirche, aber nicht direkt sichtbar, gefunden – und in Wirklichkeit spielt er Keyboard. Es gibt aber gelegentlich auch Orgelmusik oder Leute, die mit mitgebrachten (echten) Instrumenten die Lieder begeleiten.

Die Gesänge in Taizé sind nicht wie übliche Kirchenlieder. Mich erinnerten sie ein wenig an Singenüben, denn dieselbe kurze Strophe wird bis zu 10 Minuten lang unverändert wiederholt (aber gerade das gefällt den Leuten in Taizé). Eine richtige Predigt gab es nicht. Nur für 1–2 Minuten wurde etwas vorgetragen oder aus der Bibel gelesen, dann wurde weitergesungen. Meist waren die vorgetragenen Texte (Gebete) in bestimmte Lieder eingeflochten. Es wurden verschiedene Sprachen gesprochen und gesungen.

Die Gesänge sind eine Form des Gebets, habe ich erfahren. Durch das oftmalige Wiederholen soll sich ein Grundgedanke allmählich tief einprägen und auch nach der Messe noch weiterarbeiten. In meinem Fall kann ich das bestätigen, denn ich hatte ständig irgendein Lied "im Ohr", und mit der Zeit begannen mir die Lieder auch immer mehr zu gefallen.

In der Kirche gibt es nur sehr wenige Bänke. Die überwiegende Zahl der Gäste sitzt am Boden, der mit Teppich ausgelegt ist. Ich hatte damit gewisse Probleme, da mir die Beine bald einschlafen, wenn ich mit verschränkten Beinen sitze. Nach einigen Tagen bin ich draufgekommen, dass es hilft, wenn ich mich auf einen Pullover setze. Die Abendmesse ist "open end", und wenn weniger los ist, kann man sich auch hinlegen. Allerdings, wurde uns gesagt, soll man sich keinesfalls auf den Rücken legen, da dies in einigen Kulturen ein Zeichen für tote Körper ist.

Was sonst noch in der Kirche verboten ist:

Draußen, vor dem Eingang zur Kirche, liegen oft große Schilder mit der Aufschrift "Stille" und in anderen Sprachen. Damit ist gemeint, dass man still sein soll, wenn man in die Nähe oder in die Kirche kommt. Da sich einige Besucher beschwert hatten (so wurde berichtet), dass es in der Kirche so laut ist, dass man sich nicht auf's Beten konzentrieren kann, wurden einige Gäste, darunter auch ich, zu einem "Silence Team" einberufen. Unsere Aufgabe war es, die Einhaltung der Stille zu überwachen, in meinem Fall beim hinteren Eingang von 20:10–20:30. Ein "Kollege" nahm es sehr genau und erlaubte niemandem auch nur zu flüstern.

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Popmusik

Es besteht keine Pflicht, in die Kirche zu gehen oder bis zum Ende der Messe zu bleiben (es gibt ohnehin kein abruptes Ende). Nach meiner Schätzung scheint der Anteil der Frauen in der Kirche noch höher (bis zu 3/4) zu sein als generell in Taizé (2/3, wie oben erwähnt). Am Abend kann man statt oder nach der Messe zu einem speziellen Platz gehen, wo auch Popmusik gespielt (von Gästen mit mitgebrachten Instrumenten) und gesungen wird. Dort (und nur dort) kann auch Alkohol gekauft und getrunken werden. Man darf keinen Alkohol von zuhause mitbringen.

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Singenüben in der Kirche

In der Kirche kann man ein starkes Gefühl der Gemeinschaft erleben, aber es gibt keinen Gruppenzwang. Auch wenn man nicht mitsingt, wird man nicht schief angesehen. Um 14:00 kann man – wenn man will – zum Singenüben mit Lehrer in die Kirche kommen. Auch da kann man mitsingen oder einfach nur zuschauen. Es kam nie vor, dass einer der Lehrer plötzlich jemanden Bestimmten ansprach; er gab immer nur einer ganzen Gruppe (es gibt vier Stimmlagen) Feedback. Jede Gruppe bestand aus ca. 10–20 Leuten.

In der Kirche gibt es Steckdosen, an denen einige ihr Handy oder ihre Digitalkamera etc. aufluden.

Bibelstudium

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Bibelstunde mit einem "Bruder"

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Bibelstudiumsgruppe

Meine Freundin und ich hatten uns für "eine Einführung in das 8. Kapitel des Römerbriefs" entschieden. Die bestand aus einem Vortrag eines Bruders täglich 1 bis 1 1/2 Stunden sowie weitere Diskussionen alleine in kleinen Gruppen von ca. 8–12 Leuten. Eine Person, vorzugsweise ein Lehrer, wird als Gruppenleiter bestimmt, dessen Aufgabe es ist, für eine ausgewogene Diskussion zu sorgen. Für jeden Tag (außer am letzten) gibt es vom Bruder ein paar Fragen, zu denen man sich was überlegen soll.

Meine Freundin und ich kamen in eine englisch-sprachige Gruppe mit Gästen aus verschiedenen europäischen Ländern. In der Gruppe waren zwei Leute, die besonders viel zu erzählen hatten, sodass uns niemals der Gesprächsstoff ausging. Einige andere Gruppenmitglieder bemängelten das Abschweifen vom Thema der vorgegebenen Fragen, aber ich fand gerade das interessant – zu erfahren, was die Leute bewegt, was die Schwierigkeiten, Erfolgserlebnisse usw. beim Glauben sind.

Ich selber hatte weniger zu erzählen und war froh, dass kein Druck ausgeübt wurde, sich mehr zu beteiligen. Natürlich gibt es keine Abschlussprüfung, Noten, Zeugnis o. dgl.

Dieses Bibelstudium ging Montag bis Freitag von 10 bis ca. 12 Uhr und von 15:30 bis ca. 17:15.

Um 17:45 konnte man zu täglich wechselnden Workshops ("Themengruppen") gehen oder sich einen Videofilm über Taizé ansehen, wenn man will.

Praktische Mitarbeit

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Küchen-Team

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Wasserschlacht beim Abwasch

Jeder Gast muss entweder

Für die "praktische Mitarbeit" stehen mehrere Möglichkeiten zur Wahl, die am Sonntag bei der ersten Versammlung vergeben werden:

Zum "Welcome Team" gehört eine "Wache" am Ausgang zum Tal, damit niemand auf die Idee kommt, das (meines Wissens ohnehin nicht vorhandene) Nachtleben von dem Dorf Taizé erkunden zu wollen. Die Wache geht erst um 2 Uhr schlafen.

Außerdem gibt es Mitglieder des "Welcome Teams", die dafür sorgen, dass niemand auf seine Bibelstudien-Treffen "vergisst". Sie gehen durch, schauen in alle Zelte und wecken ggf. Leute, die schlafen. Auch die Einhaltung des Alkoholverbots wird überwacht.

Essen

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Essen

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Anstellen zur Essensausgabe

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Ausgabe von Tee und Kuchen

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Greißler und Imbiss

Essen gibt es zu folgenden Zeiten:

09:00 Frühstück
13:00 Mittagessen
17:15 Tee mit einem Stück Kuchen oder ein, zwei Keksen
19:00 Abendessen

Zum Frühstück gibt es jeden Tag ein weißes Weckerl mit einem Päckchen Butter und eine kleine Stange (!) Schokolade (nur einmal gab es statt Schokolade Marmelade). Wie du das alles verwertest, ist deine Sache, denn es gibt kein Besteck und kein Geschirr dazu! Üblicherweise setzt man sich auf eine Bank, bricht das Weckerl mit der Hand auf, streicht die Butter direkt aus dem Päckchen hinein und gibt die Schokolade dazu. Wer will, kann sich natürlich auch Besteck von zuhause mitnehmen (aber das machen nur wenige). Zu trinken gibt es heißen Tee oder Kakao nach deiner Wahl. Da ich die Schokolade nicht gern so hart im Weckerl hatte, gab ich sie kurz in den Tee. Den Kakao fand ich weniger gut. Vielleicht wird er nur mit Wasser gemacht.

Besonders ulkig und gewöhnungsbedürftig fand ich, dass alle Getränke in kleinen Plastikschüsseln ausgegeben und getrunken werden. Es gibt keine Gläser oder Häferl! Die Plastikschüsseln wirken sehr billig und haben großteils unappetitliche Verfärbungen (wahrscheinlich von Kakao), die offenbar nicht mehr weggehen (selten sind sie auch schlecht abgewaschen). Mich erinnerten die Plastikschüsseln an Futternäpfe oder Untertassen für kleine Blumentöpfe. Ich weiß nicht, was der Vorteil dieser Plastikschüsseln sein soll. Man muss mit ihnen viel vorsichtiger sein, um nichts zu verschütten.

Das Essen und Trinken wird durch die Leute vom Küchen-Team ausgegeben. Es gibt nichts zum Selbernehmen, außer wenn etwas übrig geblieben ist; das kommt dann an einen speziellen Ort, wo jeder zugreifen kann. Beim Frühstück und Nachmittags-Tee kann man sich auch nochmals anstellen, da hierfür keine Essensmarken verlangt werden.

Ach ja, Wasser kann man sich natürlich schon jederzeit nehmen. Allerdings riecht das Wasser aus der Wasserleitung wie Wasser aus dem Schwimmbad.

Das Mittag- und Abendessen sind meist einfache Speisen, die keine langwierige Zubereitung benötigen (z. B. Eintopf, Püree, Reis, Gemüse, Teigwaren). Suppe gab es nie. Es gibt spezielles Essen für Vegetarier (aber Fleisch ist meist ohnehin nur in Spuren enthalten). Ich bewertete das Essen oft mit "gut" (4 Sterne); nur einmal mit "weniger zufriedenstellend" (2 Sterne). Man isst aus Plastiktellern und es gibt nur Löffel (vielleicht weil Messer und Gabeln den Plastiktellern zu stark zusetzen würden), aber für die Speisen ist das durchaus ausreichend. Es gibt keine Tische; man setzt sich auf eine Bank und nimmt sein Tablett auf die Schoß.

Als "Nachtisch" gab es Obst (Apfel oder Apfelmus, Birne, Banane oder Pfirsich), (Frucht-)Joghurt und/oder ein paar Kekse. Und fast bei jeder Mahlzeit waren ein paar Scheiben französisches Baguette und Käse dabei. Ich habe danach einige Monate keinen Käse mehr angesehen ... Nach den Mahlzeiten war ich nie wirklich satt; gerade, dass ich keinen Hunger mehr hatte. Ich vermisste bald Milch, Eier, Beerenobst und einige aufwändigere Speisen (z. B. Paniertes). Am meisten störte mich jedoch, dass man nicht im vorhinein wusste, was es geben wird und man kaum selber was aussuchen konnte. Selbst wenn es verschiedene Alternativen gab, wusste man nicht vorher, in welcher Schlange man was bekommen würde. Man könnte nur nachher versuchen, einen Tauschpartner zu finden. Für jede Mahlzeit musste man sich ca. 10 Minuten anstellen. (Die Zeit kann größer sein, wenn die oben erwähnten 6000 statt 2000 Gäste anwesend sind.) Einmal dauerte es 30 Minuten, bis ich das Mittagessen hatte.

Es gibt am Gelände einen Laden, wo man Mineralwasser und andere Getränke sowie (leider stark aromatisierte) Joghurts, Knabbergebäck, Schokolade u. dgl. kaufen kann. Die Auswahl ist sehr beschränkt, aber preislich sehr günstig, weil es zum Selbstkostenpreis abgegeben wird (dafür jedoch nicht in jeder Menge!). Man kann auch Kosmetik- und Schreibwaren sowie Batterien günstig kaufen.

Weiters gibt es Automaten, wo man Kaffee, Tee, Kakao und Limonaden für wenig Geld bekommen kann.

Als Alternative zum Mittagessen kann man (zu bestimmten Zeiten) auch Hot Dogs u. dgl. kaufen (auch günstig), jedoch muss man sich oft lange anstellen. Auch Eis ist erhältlich.

Unterkunft

WCs und Duschen gibt es in eigenen kleinen Häusern. Für die Duschen ist es empfehlenswert, Badeschlapfen mitzuhaben. Alle vier oder fünf Duschen eines Hauses haben einen gemeinsamen Abfluss; in der Duschkabine, wo sich der Abfluss befindet, kommt folglich das Abwasser aller Kabinen zusammen. Der Boden ist mit braun-gesprenkelten Fliesen ausgelegt, die nicht unbedingt sauber und einladend auf mich wirkten. Badeschlapfen sind auch als Vorsichtsmaßnahme gegen Fußpilz generell anzuraten. Über Spinnweben an den Wänden muss man hinwegsehen. Wenn draußen starker Wind geht, kann einem beim Duschen kalt werden, denn die Häuser haben nach außen hin keine Tür. Meine erste Dusche in Taizé war mit kaltem Wasser. Danach entdeckte meine Freundin, dass es in anderen Häuschen warmes Wasser gibt! Ich freute mich über diesen unerwarteten Komfort. Niemand sagte einem das. Jedoch gibt es warmes Wasser nur zeitweise. Ich vermute, wenn sich zu viele hintereinander duschen, wird's kalt, bis sich der Speicher wieder erwärmt hat.

Steckdosen zum Rasieren sind vorhanden. Es gibt sowohl 110 V als auch 230 V, und die üblichen Stecker passen. Es steht jedoch ausdrücklich drauf, dass diese nur für Rasierer vorgesehen sind. Ich weiß nicht, ob man sich irgendwo auch föhnen könnte.

Ich musste nie auf ein freies WCs oder eine freie Dusche warten (aber ich bin oft zu unüblichen Zeiten duschen gegangen, z. B. am Nachmittag oder nach Mitternacht).

Zusammenfassung

Pro

Contra

Mein Fazit

Die Bibel und der christliche Glaube sollten dich interessieren, wenn du dich dafür entscheidest, 1 Woche ein bescheidenes Leben in Taizé zu führen. Es ist gut, wenn du gern mit dem Kopf anstatt mit dem Körper arbeitest, denn es gibt kaum Möglichkeiten für sportliche Betätigungen.

Weiter

Glaube: Spiritualität
Reisen: Garni-Technikerhaus
Foto

Taizé-Abend in der Ruprechtskirche (Wien 1)

Weblinks

Seite erstellt am 12.4.2019 – letzte Änderung am 24.4.2019