Mario Sedlak
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Wie vertrauenswürdig sind kleine Anbieter?

Viele verantwortungsvolle Konsumenten kaufen bewusst nicht in Supermärkten oder bei Versandriesen, sondern direkt beim Kleinbauern oder Kleinbetrieb. Ich kann verstehen, dass sie die Kleinen stärken wollen, aber nicht, wieso sie ihnen mehr vertrauen.

Beispiel

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Bio-Eier

Auf Wiens Märkten werden "Bio"-Eier aus Käfighaltung verkauft, deckte die Tierschutzorganisation "Vier Pfoten" nicht zum ersten Mal auf. Das Wiener Marktamt hat den Missstand in einem früheren Fall bestätigt.

Bei dieser Verbrauchertäuschung handelt sich weder um Einzelfälle noch um einen neuen Trend:

"Vier Pfoten" warnt:

Die Standler auf Bauernmärkten verkaufen keineswegs nur gesunde, heimische Produkte "vom Bauern". Vielmehr handeln sie mit allerlei Waren, die sie günstig einkaufen können.

Woher kommt das Vertrauen in die kleinen Anbieter?

Der Käufer sieht weder beim Kleinen noch beim Großen, ob er hineingelegt wird. Aber der Große hat mehr zu verlieren! Nehmen wir als Beispiel den viel kritisierten Diskonter Hofer: Würde der Käfigeier bewusst als "frische Bio-Eier" verkaufen, ginge der Schaden, wenn das bekannt wird, schnell in die Millionen, weil ihm verärgerte Kunden ausbleiben. Ein Markt-Betrüger hingegen kann einfach weiterziehen. Oder vielleicht denkt er sowieso schon ans Aufhören und wollte sich nochmal bei den "habgierigen" Konsumenten, die immer nur das Billigste kaufen, rächen – wer weiß?

Eine Handelskette hat viel Geld in ihre Marke und ihr Image investiert. Sie ist darauf angewiesen, dass die Leute auch in Zukunft bei ihr einkaufen, sonst geht sie pleite und kann ihre Investitionen abschreiben. Daher verstehe ich nicht, wieso trotzdem manche Menschen dem kleinen Händler mehr vertrauen. Oder dem Bauern, zu dem sie hinfahren und alles anschauen können – aber trotzdem wissen sie nicht, ob die Eier, die sie von ihm kaufen, wirklich von seinen Hühnern kommen und nicht etwa heimlich vom Großmarkt. Sie können mit dem Bauern plaudern so viel sie wollen, aber um Gewissheit zu erlangen, müssten sie entweder dabei sein, wenn die artgerecht gehaltene Henne ihr Ei legt oder dieses in ein Labor einschicken.

Fälle von Betrug kommen auch bei größeren Betrieben vor. Ein trauriges Beispiel ist der Bio-Puten-Skandal der Unternehmensgruppe Franzsander, welche über Jahre hinweg ihr "Bio"-Geflügel mit tausenden Tonnen konventionellem Futter züchtete und außerdem rund 1000 Tonnen konventionelles Fleisch als Bio-Fleisch verkauft haben soll. Der Fall schockierte die ganze Bio-Branche, weil Berthold Franzsander und seine Frau Roswitha als untadelige Biogeflügel-Pioniere galten. Die Öko-Kontrollstellen bemerkten bis 2008 keine Unregelmäßigkeiten. Aber der kleine Kunde glaubt, ihm würde es auffallen, wenn der sympathische Bauer oder Einzelhändler lügt?

Natürlich hat man weder im Diskonter noch im Hofladen eine Garantie, korrekt deklarierte Produkte zu erhalten, doch dass man so dreist über den Tisch gezogen wird wie von den "Bio"-Eierverkäufern auf den Wiener Märkten, ist in großen Supermarktketten unwahrscheinlich. Ich sehe daher keinen Grund, im Bio-Angebot von Supermärkten einen Schwindel zu vermuten. Viel eher zweifle ich an den Angaben von Bauern und Verkäufern, die nicht als Bio-Betrieb kontrolliert werden – auch wenn sie noch so einen guten Eindruck machen. Guten Eindruck machen die Betrüger auch.

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Conrad Zapmaster

Quellen

[1] Wirtschaft & Umwelt. Die Zeitschrift für Umweltpolitik, 1/2000, S. 30

Seite erstellt am 10.4.2019 – letzte Änderung am 10.4.2019