Mario Sedlak
Auswahlaxiom
Kardinalitäten
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Kardinalitäten mit Surjektionen vergleichen
(Abkürzung: ≤*)

Wenn das Auswahlaxiom nicht gilt können wir die „Größe“ (Kardinalität) von Mengen auf 2 verschiedene Arten vergleichen:

Übliche Definition (mit Injektionen) Alternative Definition (mit Surjektionen)
Menge A hat keine größere Kardinalität als Menge B, wenn es eine injektive Funktion von A nach B gibt (oder wenn A leer ist). Menge A hat keine größere Kardinalität als Menge B, wenn es eine surjektive Funktion von B auf A gibt (oder wenn A leer ist).
formal: |A| ≤ |B| |A| ≤* |B|
Einige Gesetzmäßigkeiten gelten bei beiden Varianten: AB ⇒ |A| ≤ |B| AB ⇒ |A| ≤* |B|
|A| ≤ |B| und |B| ≤ |C| ⇒ |A| ≤ |C| |A| ≤* |B| und |B| ≤* |C| ⇒ |A| ≤* |C|
nicht jedoch der wichtige Äquivalenzsatz von Cantor-Bernstein: |A| ≤ |B| und |B| ≤ |A| ⇒ |A| = |B|

Aus einer Surjektion lässt sich ohne Auswahlaxiom keine Injektion in Gegenrichtung gewinnen, und daher auch keine Bijektion.

Wir können lediglich definieren, dass |A| =* |B| bedeuten soll:

|A| ≤* |B| und |B| ≤* |A|

Eigenschaften

Ohne Auswahlaxiom ist nicht viel über ≤* beweisbar.[1]

(Mit Auswahlaxiom ist ≤* dasselbe wie ≤.)

Wir wissen:

Beispiele

formal
Wenn ℝ nicht wohlordenbar ist, dann kann es keine Injektion von der Ordinalzahl ω1 (= Menge aller höchstens abzählbaren Ordinalzahlen) nach ℝ geben oder umgekehrt; eine Surjektion von ℝ auf ω1 aber schon. 1| ≰ |ℝ|,

1| ≱ |ℝ| und
1| ≤* |ℝ|

Ab einer gewissen Ordinalzahl (Θ) lässt sich ℝ nicht mehr surjektiv darauf abbilden. Auch umgekehrt ist keine Surjektion möglich.[5] |Θ| ≰ |ℝ|,

|Θ| ≱ |ℝ|,
|Θ| ≰* |ℝ| und
|Θ| ≱* |ℝ|

Wenn alle Mengen reeller Zahlen Lebesgue-messbar sind, dann hat ℝ kleinere Kardinalität als ℝ, nachdem man für jede reelle Zahl x alle Zahlen, die sich von x um eine rationale Zahl unterscheiden, entfernt hat (Vitali-Menge), obwohl es trivialerweise eine Surjektion von ℝ auf diese Menge gibt (Aufteilungsparadoxon). |ℝ| < |ℝ/ℚ| und

|ℝ| ≥* |ℝ/ℚ|

Es kann auch eine Surjektion von so einer Menge wie in der vorigen Zeile (Quotientenmenge) auf ℝ geben.

|ℝ| ≥* |𝒦| und
|ℝ| ≤* |𝒦| obwohl
|ℝ| < |𝒦|

(= Gegenbeispiel zum Äquivalenzsatz von Cantor-Bernstein für ≤*)

Mögliche Zusatzannahmen (Alternativen zum Auswahlaxiom)

Name Abk. formal Bemerkungen
Partitionsprinzip PP |A| ≤* |B| ⇒ |A| ≤ |B|

und, da die Umkehrung immer gilt, somit
≤* = ≤

Jede Surjektion BA erzeugt (indem man die Urbilder jedes Elements aA betrachtet) eine Zerlegung (Partition) von B.

Das Partitionsprinzip sagt, dass diese Zerlegung von B in |A| viele Teile keine größere Kardinalität als B selbst haben kann.

schwaches Partitionsprinzip (englisch: weak partition principle) WPP |A| ≤* |B| ⇒ |B| ≮ |A| Besagt, dass wir keine Menge in mehr Teile zerlegen können, als diese Menge Elemente hat.[6]
schwacher dualer Äquivalenzsatz von Cantor-Bernstein (englisch: weak dual Cantor-Bernstein theorem) WDCBT |A| ≤* |B| und |B| ≤* |A| ⇒ |A| ≤ |B| oder |B| ≤ |A|

Weiter

Kardinalitäten: Kardinalitäten unter dem Determiniertheitsaxiom
Auswahlaxiom: Argumente pro und contra Auswahlaxiom

Quellen

[1] Asaf Karagila im Diskussionsforum StackExchange – „without the axiom of choice not much is provable about ≤*.“
[2] Asaf Karagila auf seiner Website – „It can be shown, for example, that if ≤* is antisymmetric then there are no Dedekind-finite cardinals, and that there is a non-measurable set.“
[3] Asaf Karagila auf StackExchange – „We also know that if it is a total ordering then the axiom of choice holds.“
[4]
[5] Gabe Goldberg auf StackExchange – „No injections or surjections: ℝ and Θ = sup {a ∈ Ord : α ≤* ℝ}“
[6] Asaf Karagila: One the partition principle – „we cannot partition a set into strictly more parts than elements“.

Seite erstellt am 11.9.2025 – letzte Änderung am 11.9.2025