Folgerungen aus dem Auswahlaxiom
Dank Auswahlaxiom können viele grundlegende mathematische Fragestellungen einfach und elegant für alle Fälle beantwortet werden.
Erwünschte Folgerungen
Darstellungssätze
- Jeder Vektorraum hat eine Basis.
- Jeder Hilbertraum hat eine orthonormale Basis.
- Jede Äquivalenzrelation hat ein vollständiges Repräsentantensystem.
- Jeder Ring mit Einselement, der nicht der Nullring ist, hat ein maximales Ideal (Satz von Krull).
- Jede boolesche Algebra
- hat ein Primideal (Boolescher Primidealsatz) und
- lässt sich als Mengenalgebra darstellen (Darstellungssatz für boolesche Algebren von Stone).
- Jeder ungerichtete, zusammenhängende Graph hat einen Spannbaum.
Zitat:
Intuitiv nimmt man als richtig an, dass man zu jeder Teilkette einer Halbordnung eine maximale Teilkette finden kann ... Überraschenderweise kann man diese als Kettensatz bekannte Tatsache aber – ohne auf mengentheoretische Voraussetzungen zurückzugreifen – prinzipiell nicht beweisen. Setzt man das sogenannte Auswahlaxiom der Mengenlehre nicht als gültig voraus, so kann man den Kettensatz als richtig ansehen oder auch nicht. Will man, dass der Kettensatz gilt, muss man seine Gültigkeit als Axiom annehmen. Das gleiche gilt für den als Lemma von Zorn bekannten Satz: Besitzt in einer nicht-leeren Halbordnung jede Teilkette eine obere Schranke, so hat die Halbordnung ein maximales Element. Wie in der Mengenlehre bewiesen wird, sind beide Sätze, Lemma von Zorn und Kettensatz, jeweils äquivalent zum Auswahlaxiom[1]
Erweiterungen/Konstruktionen
- Wenn A eine unendliche Menge ist, dann haben A und A×A die gleiche Kardinalität (Multiplikationssatz der Mengenlehre).
- Die Vereinigung von abzählbar vielen abzählbaren Mengen ist abzählbar.
- In einer geordneten Menge kann jede Kette zu einer maximalen Kette erweitert werden (Hausdorffs Maximalkettensatz, ähnlich: Lemma von Zorn, vgl. Zitat rechts).
- Jeder Filter kann zu einem Ultrafilter erweitert werden (Ultrafilterlemma).
- Jedes Ideal einer booleschen Algebra lässt sich zu einem Primideal erweitern (äquivalent zum Ultrafilterlemma).
- Jeder Körper kann algebraisch abgeschlossen werden.
- Bestimmte lineare Funktionale können von einem Teilraum auf den gesamten Raum fortgesetzt werden (Satz von Hahn-
Banach ). - Das Produkt kompakter topologischer Räume ist kompakt (Satz von Tychonoff).
- Gödelscher Vollständigkeitssatz für Logik 1. Stufe
Intuitiv einleuchtende Zusammenhänge
- Jede Funktion lässt sich auf ihrer Bildmenge umkehren, und diese Umkehrfunktion bildet keine 2 Elemente der Bildmenge auf dasselbe Urbild ab. (Fachsprachlich: Wenn es eine surjektive Funktion von A nach B gibt, dann gibt es eine injektive Funktion von B nach A. Oder kürzer: Jede surjektive Funktion von A nach B hat eine Rechtsinverse.)
- Jede Aussage ist entweder wahr oder falsch (Satz vom ausgeschlossenen Dritten, folgt aus dem Auswahlaxiom laut Satz von Diaconescu-
Goodman- ).Myhill
Unerwünschte Folgerungen
- Es gibt unmessbare Mengen. – Diese müssen in der Maßtheorie und Wahrscheinlichkeitsrechnung ausgeschlossen werden.
- Wird eine dreidimensionale Kugel in 5 bestimmte unmessbare Teilmengen zerlegt, können diese so gedreht und verschoben werden, dass daraus 2 Kugeln entstehen, wobei jede so groß wie das Original ist. D. h. das Volumen hat sich nur durch Drehung und Verschiebung von Teilmengen verdoppelt (Banach-
Tarski- )! – Im echten dreidimensionalen Raum ist das vollkommen unmöglich. Das ist aber kein Widerspruch, da zur Kugelverdopplung „unendlich poröse“ Wolken aus unendlich kleinen Punkten nötig sind, während reale Kugeln aus Atomen bestehen, die eine endliche Größe haben.Paradoxon - Es gibt noch weitere Mengen, die nicht „gutartig“ sind (Mengen ohne Baire-
Eigenschaft , nicht determinierte Mengen). - Jeder unendlichdimensionale Vektorraum hat unstetige lineare Abbildungen (sofern es auf dem Vektorraum eine Norm oder Topologie gibt, sodass man Stetigkeit definieren kann).
Kuriose Folgerungen
- Jede Menge kann so geordnet werden, dass jede Teilmenge von ihr ein kleinstes Element hat (Wohlordnungssatz). – Gleichzeitig lässt sich zeigen, dass für die Menge der reellen Zahlen keine solche Ordnung explizit definiert werden kann (wie auch keine unmessbare Menge explizit angegeben werden kann), außer es werden zusätzliche Axiome (z. B. Gödels Konstruierbarkeitsaxiom[2]) angenommen.
- Die Funktionalgleichung f(x + y) = f(x) + f(y) (genannt Cauchy-
Gleichung) hat unstetige Lösungen. Deren Graph ist dicht in ℝ2. Diese Funktionen sind nicht messbar.[3] - Es gibt eine Teilmenge der Ebene, die mit jeder in dieser Ebene liegenden Gerade genau 2 Punkte gemeinsam hat.[4]
Weiter
Weblinks
Literatur
- Paul Howard, Jean E. Rubin: Consequences of the Axiom of Choice, 1998
Quellen
[1] | Dietmar Dorninger, Winfried Müller: Allgemeine Algebra und Anwendungen. Stuttgart: Teubner, 1984, S. 56 | ||||
[2] | englische Wikipedia, Artikel „Axiom of constructibility“, Abschnitt „Statements true in L“ – „propositions that hold in the constructible universe ... The existence of a definable well-[3]
| Horst Herrlich: Axiom of Choice (PDF). Berlin: Springer, 2006, S. 118f. (im PDF S. 130f.)
| [4]
| Horst Herrlich: Axiom of Choice (PDF). Berlin: Springer, 2006, S. 122 (im PDF S. 134), Curiosity 5.11
| |