Mario Sedlak
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Mengenaxiome

Bei meinem Mathematik-Studium habe ich nicht viel über Mengen allgemein gehört. Ein paar Mal habe ich in der Bibliothek in Bücher über Mengenlehre geschaut, aber nicht verstanden, warum da tw. ganz triviale Sachverhalte bewiesen werden. Tatsächlich geht es um ein Fundament für das Arbeiten mit Mengen. Die heute üblichen Grundannahmen (= Axiome) sind:

Axiom Abk. Beschreibung (vereinfacht) Axiomensystem
Extensionalitätsaxiom Z1 2 Mengen sind genau dann gleich, wenn sie dieselben Elemente enthalten. Z ZF ZFC
Leermengenaxiom Z2 Es gibt eine leere Menge.
Paarmengenaxiom Z3 Aus 2 Mengen A und B kann man die neue Menge {A, B} machen. Aufgrund von Z1 gibt es auch {A, A} = {A}.
Vereinigungsaxiom Z4 Man kann beliebig viele Mengen zu einer neuen Menge vereinigen.
Unendlichkeitsaxiom Z5 Es gibt die Menge aller natürlichen Zahlen.
Potenzmengenaxiom Z6 Für jede Menge gibt es die Menge aller ihrer Teilmengen (= Potenzmenge).
Aussonderungsaxiom(schema) oder Komprehensions-Axiom(schema) Z7 Aus einer vorhandenen Menge können Elemente, die eine bestimmte Eigenschaft haben, ausgewählt und zu einer neuen Menge zusammengefasst werden.
Ersetzungsaxiom(schema) F1 Jedes Element einer Menge kann durch eine andere Menge ersetzt werden. Dadurch ist die Menge {ℵ0, ℵ1, ℵ2, ...} bildbar (die mit Z4 zur Menge ℵω vereinigt werden kann).
Fundierungsaxiom oder Regularitätsaxiom F2 Mengen dürfen sich nicht selbst als Element enthalten; auch nicht indirekt über eine andere Menge. Außerdem darf es keine unendliche Kette der Art geben: A enthält B, B enthält C, C enthält D usw. D. h. es sind nur Mengen in der Art zulässig, wie sie ausgehend von der leeren Menge mit den anderen Axiomen gebildet werden können (Von-Neumann-Hierarchie).
Auswahlaxiom (englisch: axiom of choice) AC Aus einer Familie nichtleerer Mengen können wir eine neue Menge bilden, indem wir aus jedem Mitglied der Familie ein Element auswählen (ohne zu sagen, welches).

Hinweis: Die Nummerierung der Axiome ist nicht bei allen Autoren gleich. Z. B. zählen manche das Axiom F2 zum Axiomensystem Z.

Varianten

Axiome Name des Axiomensystems Abk. Beschreibung
Z1–Z7 Zermelo-Mengenlehre Z Das historisch erste Axiomensystem
Z1–Z7 und AC Zermelo-Mengenlehre mit Auswahlaxiom ZC Für die meiste Mathematik ausreichend[1]
Z1–Z7 und F1–F2 Zermelo-Fraenkel-Mengenlehre ZF Die Fraenkel-Axiome F1 und F2 werden für Ordinal- und Kardinalzahlen benötigt und vereinfachen die Theorie der Mengen.[2]
alle genannten Zermelo-Fraenkel-Mengenlehre mit Auswahlaxiom ZFC Das ist das Standard-Axiomensystem, das in der gesamten Mathematik verwendet wird, außer wenn etwas anderes angegeben ist.
Zermelo-Fraenkel-Mengenlehre 2. Ordnung mit Auswahlaxiom ZFC2 Hat stärkeres Ersetzungsaxiom (F1), sodass größere Kardinalzahlen konstruierbar (erreichbar) sind.
Z1–Z7, F1–F2 und logisches Gegenteil von AC Zermelo-Fraenkel-Mengenlehre mit verneintem Auswahlaxiom ZF¬C Hier gibt es eine Familie von Mengen, aus der nicht je ein Element ausgewählt werden kann. (In ZF ist offen, ob es Mengenfamilien mit bzw. ohne solcher Auswahlmöglichkeit gibt.)

Erweiterungen

Name des Axiomensystems Abk. Beschreibung
Zermelo-Fraenkel-Mengenlehre mit Urelementen ZFU Wird kaum noch gebraucht, da in der heutigen Mathematik alle Objekte (auch z. B. Zahlen) Mengen sind.
Zermelo-Fraenkel-Mengenlehre mit Urelementen und Auswahlaxiom ZFCU
Neumann-Bernays-Gödel-Mengenlehre NBG

Erweiterung von ZFC um echte Klassen

Macht über Mengen die gleichen Aussagen wie ZFC. Wird daher in der Praxis selten explizit verwendet.[3]

Tarski-Grothendieck-Mengenlehre TG

Erweiterung von ZFC um unerreichbare Mengen

Damit kann mehr bewiesen werden.

Schwächere Axiomensysteme

Name des Axiomensystems Abk. Beschreibung
Peano-Arithmetik PA Die Peano-Axiome definieren die Eigenschaften der natürlichen Zahlen, können aber nicht so viel über sie beweisen wie ZFC.
Peano-Arithmetik 2. Stufe PA2

Entspricht einer eingeschränkten Mengenlehre, wo es nur natürliche Zahlen und Mengen von natürlichen Zahlen gibt.[4]

Wurde früher als Grundlage der Mathematik verwendet, bis in den 1930ern die Mengenlehre diese Rolle übernahm.[5]

Peano-Arithmetik 3. Stufe PA3 Hier kann man auch von Mengen reeller Zahlen sprechen.[6]

Andere Axiomensysteme

Siehe exotische Axiomensysteme

Weiter

Schreibweise von mathematischen Ausdrücken

Weblinks

Quellen

[1] W. Hugh Woodin: The Continuum Hypothesis, Part I (PDF), Notices of the AMS, 6–7.2001, S. 572 (im PDF S. 6) – „Most mathematicians, realizing it or not, work in“ the restricted axiom system ZC.
[2]
  • Stanford Encyclopedia of Philosophy, Artikel „Set Theory“, Abschnitt „The origins“ – „The axiom of Replacement is needed for a proper development of the theory of transfinite ordinals and cardinals, using transfinite recursion. It is also needed to prove the existence of such simple sets as the set of hereditarily finite sets; i.e., those finite sets whose elements are finite, the elements of which are also finite, and so on; or to prove basic set-theoretic facts such as that every set is contained in a transitive set, i.e., a set that contains all elements of its elements“.
  • englische Wikipedia, Artikel „Zermelo-Fraenkel set theory“, Abschnitt „Criticisms“ – „Much of the power of ZFC, including the axiom of regularity and the axiom schema of replacement, is included primarily to facilitate the study of the set theory itself.“
[3] Englische Wikipedia, Artikel „Von Neumann-Bernays-Gödel set theory“, Abschnitt „Gödel’s axiom system (NBG)“ – „ZFC became more popular than NBG. This was caused by several factors, including the extra work required to handle forcing in NBG, ... and the proof that NBG is a conservative extension of ZFC (i. e., NBG and ZFC imply the same statements about sets).“
[4] Englische Wikipedia, Artikel „Second-order arithmetic“ – „Second-order arithmetic can also be seen as a weak version of set theory in which every element is either a natural number or a set of natural numbers.“
[5] Stanford Encyclopedia of Philosophy, Artikel „Second-order and Higher-order Logic“, Introduction – „Second-order logic ... was widely used in logic until the 1930s, when set theory started to take over as a foundation of mathematics.“
[6] Stanford Encyclopedia of Philosophy, Artikel „Second-order and Higher-order Logic“ – „With third order logic we can talk about sets of real numbers.“

Seite erstellt am 8.12.2024 – letzte Änderung am 19.12.2024