Mario Sedlak
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Diagramm

Wenn A = das Intervall [0, 2] und B = [0, 1] ist, dann ist das kartesische Produkt von A und B gleich dem entsprechenden Rechteck. Die ganze Ebene ist gleich dem kartesischen Produkt ℝ × ℝ.

Kartesisches Produkt

Beim Begriff „kartesisches Produkt“ denkst du vielleicht an ein kartesisches Koordinatensystem, und das ist gar nicht verkehrt. Das kartesische Produkt ist eine Art Verallgemeinerung von kartesischen Koordinatensystemen:

kartesisches Koordinatensystem kartesisches Produkt
  • In einem kartesischen Koordinatensystem wird die Lage jedes Punkts durch seine Koordinaten (in der Ebene sind das 2 Zahlen x und y) eindeutig beschrieben.
Das kartesische Produkt von 2 Mengen enthält geordnete Paare (a, b) wie Koordinaten.
Geordnete Paare können Elemente aus beliebigen Mengen haben. (a ist aus einer, b aus der anderen Menge.)
  • Es kommt auf die Reihenfolge der Koordinaten an.
Es kommt auf die Reihenfolge der Elemente in einem geordneten Paar an. (Deswegen kann man nicht einfach die Vereinigungsmenge {a, b} betrachten, denn diese wäre laut Mengenaxiomen gleich {b, a}, also ein ungeordnetes Paar.)

Nun verallgemeinert man die Anzahl der beteiligten Mengen:

formal Abk. Sonderfall wenn alle Mengen gleich sind
  • Das kartesische Produkt von 2 Mengen sind alle geordneten Paare von Elementen aus der ersten bzw. zweiten Menge.
{(a, b) | aAbB} = A × B A2
  • von 3 Mengen sind es alle Tripel
{(a, b, c) | aA
bB
cC}
= A × B × C A3
  • von 4 Mengen sind es alle Quadrupel
{(a, b, c, d) | aA
bB
cC
dD}
= A × B × C × D A4
  • von n Mengen sind es alle n-Tupel
{(a1, ..., an) | a1A1
... ∧
anAn}
= A1 × ... × An An
=
n
Ai
i = 1
  • für abzählbar unendlich viele Mengen sind es alle unendlichen Folgen
{(an)n∈ℕ | ai ∈ Aii ∈ ℕ}
=
Ai
i ∈ ℕ
A
  • für beliebig viele Mengen, gegeben als Mengenfamilie (Ai)iI, sind es alle Funktionen, die jedem iI ein Element aus Ai zuordnen
    (Diese Definition gilt tatsächlich auch für endlich viele Mengen, da z. B. ein geordnetes Paar nichts anderes als eine Funktion ist, die 1 auf a und 2 auf b abbildet.)
{Funktionen f: I → ⋃iI Ai | f(i) ∈ Aii ∈ I} =
Ai
iI
AI

 

(Das ist die übliche Schreibweise für die Menge aller Funktionen von I nach A, und das gilt sogar für alle Einträge in dieser Spalte, da z. B. 2 mengentheoretisch gleich {0, 1} ist, weshalb A2 = A{0, 1} = Menge aller Funktionen von {0, 1} nach A ist. Sehr elegant!)

Die genannten Funktionen heißen Auswahlfunktionen. Ohne Auswahlaxiom kann es passieren, dass es für manche unendliche Mengenfamilien keine Auswahlfunktion gibt (weil man sie nicht explizit angeben kann). Das kartesische Produkt dieser Mengen ist dann leer.

Sonderfälle

formal (Beispiele)
  • Wenn irgendeine am kartesischen Produkt beteiligte Menge leer ist, dann ist auch das kartesische Produkt leer.
A × ∅ = ∅
  • Wenn jedoch das kartesische Produkt ohne eine einzige Menge gebildet wird (leere Indexmenge, leeres Produkt), dann ist das kartesische Produkt nicht leer, sondern enthält die leere Funktion als einziges Element.
  • Ai = {∅}
    i ∈ ∅
  • A0 = {∅}

Relevanz

Die Bildung von kartesischen Produkten ist eine wichtige Mengenoperation. Z. B. lassen sich alle Vektorräume als kartesisches Produkt ihres Skalarkörpers darstellen (für Vektoren der Ebene ist das etwa ℝ2). Man erhält so einen Überblick, wie Vektorräume „aussehen“ können.

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Seite erstellt am 13.10.2025 – letzte Änderung am 13.10.2025