Mario Sedlak
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Kritik an unendlichen Mengen

Cantors Mengenlehre wurde von seinen Zeitgenossen in ihrer Bedeutung kaum erkannt und keineswegs als revolutionärer Fortschritt angesehen, sondern stieß bei manchen Mathematikern, etwa bei Leopold Kronecker, auf Ablehnung.

Einer der Gründe für die Ablehnung war der zunächst nicht einleuchtende Umstand, dass unendliche echte Teilmengen gleich groß wie die gesamte Menge sein können.[1] Bis Cantor hielten es die klügsten Köpfe aber auch prinzipiell für unmöglich, dass ein Ding, selbst wenn es nur in Gedanken existiert wie eine Menge, unendlich viele Bestandteile haben kann:

Im 20. Jahrhundert wurden die Widersprüche beseitigt und Mengen wurden zur Grundlage der Mathematik. – Die mit großem Nachdruck vorgebrachten Einwände der berühmten Denker waren letztlich doch nicht haltbar.

Heute

Nur wenige Mathematiker (Konstruktivisten) kritisieren heute noch unendliche Mengen:

Sobald man das Unendliche als vollendetes Ganzes zu begreifen versucht, sprengt man den Rahmen der intuitiven Vorstellungskraft und des logischen Denkens.[3]
Man kann sich für die axiomatische Mengenlehre nicht auf eine konstruktive Theorie berufen, wie man das bei den Axiomatisierungen der Arithmetik tun kann. M. E. folgt daraus, dass die axiomatischen Mengenlehren ein bloßes Phantasieprodukt sind. ... Da man beliebige axiomatische Theorien aufstellen kann, ist dagegen nicht viel einzuwenden, es bleibt bloß Sinn und Zweck dieses Tuns völlig dunkel.[4]

Meine Meinung

Für mich sind unendliche Mengen wie ℕ und ℝ etwas Einfaches und Naheliegendes. Von heute aus betrachtet, erscheint mir kaum nachvollziehbar, wie so eine einfache Idee nicht schon früher entdeckt wurde und wieso sie so bekämpft wurde.

Mein Fazit

Auch in der Mathematik kann es erbitterten Streit geben, obwohl rein logisch nicht gerechtfertigt.

Weiter

Abzählbare Mengen

Weblinks

Historische Meinungen pro und contra unendliche Mengen in der englischen Wikipedia:

Quellen

[1] Ordnung in den Unendlichkeiten (PDF), Spektrum der Wissenschaft, 3/2021, S. 78 (im PDF S. 5)
[2] Poincaré in Morris Kline: Mathematics. The Loss of Certainty, Oxford, 1982 laut englischer Wikipedia – „Actual infinity does not exist. What we call infinite is only the endless possibility of creating new objects no matter how many exist already“.
[3] Rudolf Taschner: Lehrgang der konstruktiven Mathematik. 1. Teil: Zahl und Kontinuum. Wien: Manz, 1991, S. 162
[4] Paul Lorenzen: Methodisches Denken. Frankfurt am Main: Suhrkamp, 1. Aufl. 1974, S. 46–48

Seite erstellt am 13.9.2025 – letzte Änderung am 13.9.2025