Mathematik und Wirklichkeit
Die Mathematik ist eine ganz spezielle Wissenschaft. Während etwa Physik oder Biologie durch Beobachtungen und Experimente neue Erkenntnisse gewinnen, werden mathematische Behauptungen ausschließlich durch eine logisch korrekte Herleitung bewiesen. Die Mathematik beschäftigt sich (streng genommen) nicht mit der Wirklichkeit, in der wir leben, sondern sagt nur:
- Wenn diese oder jene Bedingungen erfüllt sind,
- dann gilt auch das und das.
Alle mathematischen Aussagen haben diese Form und sind im Gegensatz zu wissenschaftlichen Erkenntnissen
- endgültig, d. h. absolut sicher wahr (sofern in der Herleitung nicht ein Fehler übersehen wurde)
- keine Aussage über die Wirklichkeit
Erst durch die Anwendung der Mathematik auf wirkliche Vorgänge werden mathematische Aussagen zu Aussagen über die Wirklichkeit. Dabei verlieren sie ihren Status als unbezweifelbare Wahrheit. Denn ob die mathematischen Voraussetzungen in der Wirklichkeit erfüllt sind, kann nicht mathematisch bewiesen, sondern nur anhand von Erfahrung entschieden werden.
Die Mathematik selbst macht eigentlich nichts anderes als logische Schlussfolgerungen. Ich sehe daher keinen prinzipiellen Unterschied zwischen Mathematik und Logik, der Lehre vom folgerichtigen Denken.