Ersetzungsaxiom(schema)
Das Ersetzungsaxiom gehört zur ZF-
Jedes Element einer Menge kann durch irgendetwas anderes, das eine Menge ist, ersetzt werden.
Beispiele
- Die Menge {0, 1, 2, ...} kann mit dem Ersetzungsaxiom zur Menge der Kardinalzahlen {ℵ0, ℵ1, ℵ2, ...} gemacht werden. Und wenn man diese Menge einmal hat, kann man ihre Elemente zur Menge ℵω vereinigen. Ohne Ersetzungsaxiom (= Mengenlehre Z) wäre das nicht möglich, d. h. ℵω wäre unerreichbar.[1]
- Analog kann die Menge der Ordinalzahlen {ω, ω + 1, ω + 2, ...} gebildet und zur Menge ω + ω vereinigt werden.
Relevanz
Das Ersetzungsaxiom wird für eine ordentliche Theorie der transfiniten [= unendlichen] Ordinale und Kardinale unter Benutzung von transfiniter Rekursion benötigt. Es wird auch gebraucht, um die Existenz so einfacher Mengen wie die Menge aller erblich endlichen Mengen (das sind endliche Mengen, deren Elemente ebenfalls alle endlich ist, und deren Elemente ebenso usw.) zu beweisen, oder zum Beweis grundlegender mengentheoretischer Fakten wie dass jede Menge in einer transitiven Menge enthalten ist (d. h. in einer Menge, die alle Elemente ihrer Elemente enthält).[2]
Die Bedeutung des Ersetzungsaxioms außerhalb der Mengenlehre wird mitunter infrage gestellt. Für die meiste Mathematik (mit Mengen einer kleineren Kardinalität als ℵω, die nicht extra zum Studium der axiomatischen Mengenlehre konstruiert wurden) wird das Ersetzungsaxiom nicht benötigt.[3] Es gibt jedoch eine bemerkenswerte Ausnahme für bestimmte Teilmengen der reellen Zahlen:
Alle Borelmengen sind determinierte Mengen (Satz von der Borel-
Der Beweis erfolgt, indem man die Borel-
Argumente
Der Grund dafür, die Ersetzungsaxiome anzunehmen, ist recht einfach: Aus ihnen ergeben sich viele wünschenswerte Folgerungen und (anscheinend) keine unerwünschten.[6]
Intuitiv leuchtet ein, dass durch eine Ersetzung jedes Elements durch ein anderes die Menge nicht „zu groß“ (zu einer echten Klasse) werden kann.
Formalisierung
„Ersetzung jedes Elements durch ein anderes“ ist eigentlich eine Funktion und wird bei der Formulierung des Ersetzungsaxioms oft auch als solche bezeichnet („Das Bild jeder Menge unter einer Funktion ist wieder eine Menge“). Allerdings ist das keine Funktion, so wie sie in der modernen Hochschulmathematik definiert wird, denn dazu bräuchte man die Zielmenge schon vorab (und dass das Bild der Definitionsmenge wieder eine Menge ist, ist dann trivial). Vielmehr verwendet man „Funktion“ hier ausnahmsweise in dem alten Sinn als „Vorschrift“, Formel oder „wohlgeformte Aussage“:
Wenn F(x) eine Formel mit der Unbekannten x ist, dann darf man jedes Element x einer Menge durch F(x) ersetzen und erhält so eine neue Menge.
Das wird als Axiomschema bezeichnet, weil man die Aussage eigentlich für jede Formel als eigenes Axiom anführen müsste.
Variante
In dieser Formulierung braucht man kein Schema:
Für alle funktionalen Zuordnungen F(x) darf man jedes Element x einer Menge durch F(x) ersetzen und erhält so eine neue Menge (Ersetzungsaxiom zweiter Ordnung).
Als „funktionale Zuordnung“ bezeichne ich hier jegliche „Funktion“ ohne vorab definierter Zielmenge. Das können Zuordnungen sein, die durch eine Formel definiert werden, aber auch andere, die nicht explizit definiert werden können. Diese Variante des Ersetzungsaxioms ist daher stärker. Sie ist Teil des Axiomensystems ZFC2, mit dem man unerreichbare Kardinalzahlen definieren kann (während man in ZFC nur bis zu weltlichen kommt, die viel kleiner sind – jede unerreichbare Kardinalzahl κ enthält κ viele weltliche Kardinalzahlen[7]).
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Quellen
[1] | englische Wikipedia, Artikel „Regular cardinal“, Abschnitt Examples – „Proving the existence of singular cardinals requires the axiom of replacement, and in fact the inability to prove the existence of ℵω in Zermelo set theory is what led Fraenkel to postulate this axiom.“ | ||||||||||
[2] | Stanford Encyclopedia of Philosophy, Artikel „Set Theory“, Abschnitt „The origins“ – „The axiom of Replacement is needed for a proper development of the theory of transfinite ordinals and cardinals, using transfinite recursion. It is also needed to prove the existence of such simple sets as the set of hereditarily finite sets; i.e., those finite sets whose elements are finite, the elements of which are also finite, and so on; or to prove basic set-[3]
| englische Wikipedia, Artikel „Borel determinacy theorem“, Abschnitt „Previous results“ – „the axiom schema of replacement [is] an axiom not typically required to prove theorems about ,small‘ structures ... that are not explicitly ... constructed for the purposes of exploring axiomatic set theory“.
| [4]
| Wikipedia, Artikel Ersetzungsaxiom, Abschnitt „Bedeutung in der Mathematik“ – „Der Beweis der Borel- | [5]
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[6]
| George Boolos: „The iterative conception of set“. The Journal of Philosophy, 1971, S. 229 laut Penelope Maddy: Believing the Axioms, part I (PDF), The Journal of Symbolic Logic, 1988, S. 490 (im PDF S. 11) – „the reason for adopting the axioms of replacement is quite simple: they have many desirable consequences and (apparently) no undesirable ones.“
| [7]
| „Cantors Dachboden“: Inaccessible cardinal – „The worldly cardinals are unbounded in κ“
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