Auswahlaxiom
(Abkürzung: AC)
In der heutigen Mathematik wird die folgende Grundannahme für die Arbeit mit Mengen verwendet:
Aus einer Familie nichtleerer Mengen können wir eine neue Menge bilden, indem wir aus jedem Mitglied der Familie ein Element auswählen (ohne zu sagen, welches).
Die so definierte Menge kann man nicht explizit angeben – wenn man sagen könnte, welches Element man aus jeder Menge auswählt (z. B. wenn jede Menge ein beschränktes Intervall ist, kann man dessen Mittelpunkt nehmen), dann bräuchte man das Auswahlaxiom nicht. Für praktische Zwecke, um irgendetwas konkret auszurechnen, ist das Auswahlaxiom daher nicht geeignet. Es vereinfacht aber viele Theorien in der Mathematik.
Plausibilität
Wie ich bei meinem Mathematik-
Berühmtes Zitat (von Jerry Bona):
Das Auswahlaxiom ist offensichtlich wahr [und] der Wohlordnungssatz offensichtlich falsch ...
... sagt die Intuition von Mathematikern, obwohl tatsächlich beides logisch gleichwertig ist.
Doch aus dem Auswahlaxiom ergeben sich Folgerungen, die
Beispiel | |
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| ℝ kann man so ordnen, dass jede Teilmenge ein kleinstes Element hat (Wohlordnungssatz). |
| Man kann eine 3-dimensionale Kugel in 5 Teilmengen zerlegen, aus denen man 2 Kugeln – jede so groß wie das Original – zusammensetzen kann (Banach- |
| Es gibt Teilmengen von ℝ, ℝ2 bzw. ℝ3 ohne definierbare Länge, Fläche bzw. Volumen (unmessbare Mengen). |
Deswegen war das Auswahlaxiom sehr umstritten. 1938 hat Gödel bewiesen, dass das Auswahlaxiom zu keinen (neuen) Widersprüchen führt, wenn man es zur ZF-
Keine objektive Wahrheit
Das Auswahlaxiom ist in der ZF-
- Wir können im Grunde frei entscheiden, ob wir es zu den Mengenaxiomen hinzufügen oder nicht.
- Ob das Auswahlaxiom „wahr ist“, ist eine rein philosophische Frage.
Um jedem die Entscheidung für oder gegen das Auswahlaxiom zu erleichtern, sollte angegeben werden, wenn es bei einer Herleitung benutzt wurde. Möglicherweise wird eines Tages ein besseres Axiom gefunden.
Alternativen
- schwächere Varianten
- Determiniertheitsaxiom – Gilt als interessanteste Alternative.[2] Damit gibt es keine unmessbaren Mengen („eine Art mathematisches Paradies“).
- Ultrafilterlemma von Ulam-
Tarski, welches besagt: Jeder Filter lässt sich zu einem Ultrafilter erweitern. – Reicht aus, um den wichtigen Satz von Hahn- Banach zu beweisen. Hilft aber nicht gegen das Banach-Tarski- Paradoxon. - Boolescher Primidealsatz – Logisch gleichwertig zum Ultrafilterlemma. Ist eine bekannte Aussage, die schwächer als das Auswahlaxiom ist.[3]
- Lemma von König, wonach jeder unendliche Baum, bei dem an jeder Stelle nur endlich viele Äste weggehen, einen unendlichen Pfad hat. – Eine der schwächsten Alternativen
Gleichwertige Formulierungen
Begründung | |
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| „Auswahlfunktion“ ist nur eine formellere Beschreibung von „eine neue Menge bilden“. |
| Das allgemeine kartesische Produkt ist definiert als alle Abbildungen, die jedem Index der Familie ein Element aus dem dazugehörigen „Familienmitglied“ zuordnen. Das sind genau die Auswahlfunktionen, von denen das Auswahlaxiom spricht. |
Weiter
Literatur
- Horst Herrlich: Axiom of Choice (PDF). Berlin: Springer, 2006
- Paul Howard, Jean E. Rubin: Consequences of the Axiom of Choice, 1998
- Thomas Jech:
- The Axiom of Choice. Dover, 1973
- Set Theory. Academic Press, 1978
Quellen
[1] | Stanford Encyclopedia of Philosophy, Artikel Set Theory – „The AC was, for a long time, a controversial axiom. But Gödel’s 1938 proof of its consistency, relative to the consistency of ZF, dispelled any suspicions left about it.“ | ||
[2] | U. Felgner and K. Schulz: „Algebraische Konsequenzen des Determiniertheit-[3]
| englische Wikipedia, Artikel Ultrafilter, Abschnitt „Types and existence of ultrafilters“ – „the statement that every filter is contained in an ultrafilter does not imply AC. Indeed, it is equivalent to the Boolean prime ideal theorem (BPIT), a well- | |