Argumente pro und contra ZFC2
Wieso verwenden Mathematiker die Mengenlehre ZFC, obwohl diese Mengenlehre in der zweiten Ordnung (ZFC2) stärker wäre?
Pro ZFC2
- Zermelo selbst hat seine Mengenaxiome in der Logik zweiter Ordnung verstanden.[1] Eine Einschränkung auf Logik erster Ordnung lehnte er entschieden ab.[2]
ZFC2 ist das, was wir eigentlich „glauben“, während ZFC nur eine definierbare Annäherung an diesen Glauben (und seine Konsequenzen) ist. Wir bauen auf Mengenlehre erster Ordnung, weil wir die Mengenlehre als Grundlage für die Mathematik verwenden wollen. Wenn wir wissen wollen, was im Mengenuniversum tatsächlich wahr ist ..., wechseln wir sofort zur Mengenlehre zweiter Ordnung.[3]
(Ähnlich wie es für die reellen und für die natürlichen Zahlen Axiome zweiter Ordnung gibt[4])
Contra ZFC2
- ZFC2 erscheint vielen Mathematikern nicht ganz stimmig. Logik zweiter Ordnung handelt von Mengen, aber Mengen sollten doch erst durch die Mengenaxiome definiert werden. (Nur Platonisten wie Zermelo, die glauben, dass es ein einziges wahres Konzept von „Mengen“ gibt, haben hier kein Problem.)[5]
- Das Mengenuniversum von ZFC2 muss für jede Menge alle ihre Teilmengen enthalten, insbesondere also alle Teilmengen von ℝ, wodurch die Kontinuumshypothese entschieden ist – wenngleich wir nicht wissen, wie die Entscheidung lautet.[6] In ZFC2 lassen sich verschiedene Eigenschaften des Mengenuniversums nicht erzwingen (Forcing). Mengentheoretiker verlieren dadurch ein wichtiges Werkzeug.[7]
Logik erster Stufe, mit Quantifizierung über Mengen (den Elementen des Mengenuniversums), genießt Gödels Vollständigkeitssatz, sodass jeder semantisch gültige Satz einen formalen Beweis hat (der logische Kalkül von Logik erster Ordnung ist vollständig, ZFC selbst kann nicht jeden wahren Satz beweisen), sowie Kompaktheit und Löwenheim-
Skolem . Volle Logik zweiter Ordnung mit Standard-Semantik ist kategorisch stärker; ihre Quantoren laufen nicht nur über Elemente, sondern auch über alle Teilmengen, Relationen und Funktionen des Mengenuniversums. Sie legt z. B. die reellen Zahlen als den einzigen vollständigen archimedischen Körper fest. Sie ist aber kein korrektes und vollständiges System für logische Schlüsse. Ihre Beweistheorie lässt sich nicht mechanisieren, und viele modelltheoretische Werkzeuge, die die Mengenlehre erster Ordnung arbeitsfähig machen, sind verloren. Deshalb wird ZFC in Logik erster Ordnung als das kanonische Basissystem erachtet, wobei Logik zweiter Ordnung für gewisse Zwecke eine Rolle außerhalb davon spielen darf.[8]
Mein Fazit
Obwohl ZFC2 theoretisch stärker ist, kann in der Praxis also im Allgemeinen nur ZFC sinnvoll verwendet werden.
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Quellen
[1] |
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[2] | englische Wikipedia, Artikel „Skolem’s paradox“, Abschnitt „Reception by the mathematical community“ – „Zermelo argued against the finitary metamathematics that underlie first-[3]
| Kommentar – „ZFC-2 is what we actually ,believe,‘ while ZFC is merely a recursively- | [4]
| Kommentar – „ZFC2 tells us how to define the phrase ,model of set theory‘ correctly, in much the same way that the second- | [5]
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[6]
| Stanford Encyclopedia of Philosophy, Artikel „Second- | [7]
| Asaf Karagila auf StackExchange – „we ... seemingly determine things like the truth value of CH (since every model must contain all the reals and sets of reals, so they must agree on the truth value of CH), and so we lose the ability to use forcing as a tool for proving certain statements.“
| [8]
| Halfdan Faber im Diskussionsforum MathOverflow – „First- | |