Mario Sedlak
Kardinalitäten
Mathematik
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Unerreichbare Kardinalzahlen

Eine überabzählbare Menge mit der Kardinalität κ, die

kann mit den üblichen Axiomen der Mengenlehre auch in einer stärkeren Fassung (ZFC2) nicht gebildet werden. Eine solche Menge, die nicht gebildet werden kann, wird unerreichbar genannt und ihre Mächtigkeit ist eine unerreichbare Kardinalzahl. Letztere gehört zu den großen Kardinalzahlen.

Veranschaulichung

Wenn unerreichbare Mengen nicht überabzählbar sein müssten, wäre eine abzählbare Menge bereits unerreichbar, denn sie lässt sich nicht aus endlich vielen endlichen Mengen bilden. (In einer endlichen Mengenlehre ist eine unendliche Menge tatsächlich unerreichbar.)

Analog ist die Vereinigung von allen endlichen oder unendlichen Mengen, die man bilden kann, unerreichbar.

Unter einer unerreichbaren Menge kann man sich also die Klasse aller bildbaren Mengen (Mengenuniversum V) vorstellen.[1]

Es ist nicht so, wie ich früher gedacht habe, dass eine unerreichbare Menge auch irgendwo mittendrin in der Hierarchie aller bildbaren Mengen stecken könnte, denn laut Definition kann man sie mit den Mitteln der Mengenlehre nicht überspringen.

Verwendung

Anhand des Beispiels ℵω in der Mengenlehre Z habe ich erstmals verstanden, wieso man der „Menge aller Mengen“ nun doch einen Sinn zuweisen kann: Man muss mit dieser Menge weiterrechnen, so weit es geht.

Man erhält ein größeres Mengenuniversum, dessen Vereinigung dann die nächste unerreichbare Kardinalzahl ist. Und so erhält man eine ganze Hierarchie von großen Kardinalzahlen.

Dass man so vorgehen darf, lässt sich nicht beweisen, aber es haben sich bis dato keine Widersprüche ergeben.

Der Beweis, dass es keine unerreichbare Kardinalzahl gibt, wäre eine Sensation, die mit einem Beweis der Widersprüchlichkeit der üblichen Mengenlehre selbst fast gleichwertig wäre.

Eigenschaften

Man kann zeigen,

Varianten

Relevanz

Unerreichbare Kardinalzahlen erhalten ihre Bedeutung dadurch, dass sie Modelle für ZFC liefern.[6]

D. h. alle Teilmengen einer unerreichbaren Menge von kleinerer Kardinalität als die gesamte Menge erfüllen zusammen die Axiome der Mengenlehre – und beweisen dadurch ihre Widerspruchsfreiheit. Und weil kein Axiomensystem so eines „Kalibers“ seine eigene Widerspruchsfreiheit beweisen kann (Zweiter Gödelscher Unvollständigkeitssatz), kann die Existenz von unerreichbaren Mengen bzw. Kardinalzahlen in ZFC2 nicht bewiesen werden (und auch nicht in ZFC oder einer noch schwächeren Mengenlehre).

Weiter

Wie wurden große Kardinalzahlen gefunden?

Weblinks

Quellen

[1] Joan Bagaria: A Short Excursion to Cantor’s Paradise (übersetzt aus dem Katalanischen) – „the axiom of existence of an inaccessible cardinal says that if the construction of V could be continued yet one more step beyond all ordinals, then the cardinal that would be obtained, which would be an inaccessible, exists.“
[2] im Diskussionsforum Mathematics Stack Exchange – Beweis, dass „schwach unerreichbar“ äquivalent zu „regulärer Aleph-Fixpunkt“ ist (Mit Beth statt Aleph ergibt sich stark unerreichbar.)
[3] im Diskussionsforum Mathematics Stack Exchange – „If κ is regular, then the supremum of the first κ aleph fixed points is an aleph fixed point of cofinality κ.“
[4] Joel David Hamkins: Worldly cardinals are not always downwards absolute – „The worldly cardinals can be seen as a kind of poor-man’s inaccessible cardinal“
[5] „Cantors Dachboden“: Inaccessible cardinal – „The worldly cardinals are unbounded in κ
[6] Maximilian Ganster: Kardinalzahlen (PDF), Vorlesungsskriptum, S. 6

Seite erstellt am 23.10.2023 – letzte Änderung am 5.10.2025