Mario Sedlak
Determiniertheits-
axiom
Kardinalitäten
Mathematik
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Kardinalitäten unter dem Determiniertheitsaxiom

Wenn das Determiniertheitsaxiom (AD) gilt, ist die Theorie der Kardinalitäten (= Mächtigkeiten = „Größe“) von unendlichen Mengen erheblich komplizierter als wenn (wie üblich) das Auswahlaxiom angenommen wird.

Gleich ist:

formal Bedeutung
0, ℵ1, ... Kardinalzahlen
2X (Kardinalität der) Menge aller Teilmengen (Potenzmenge) von X
Bezeichnung Beispiele
  • Aus den Ordinalzahlen lassen sich immer größere Mächtigkeiten gewinnen.
Alephs 0 < ℵ1 < ℵ2 ...
  • Auch der Übergang von einer Menge zur Menge ihrer Teilmengen (Potenzmenge) liefert immer eine Menge größerer Mächtigkeit.
Beths 0 < 20 < 2(20) ...
1 < 21 < 2(21) ...

Anders ist:

formal Bedeutung
|A| = |B| ∃ Bijektion von A nach B
|A| ≤ |B| ∃ Injektion von A nach B
|A| ≤* |B| ∃ Surjektion von B auf A
|A| < |B| ∃ Injektion, aber

∄ Bijektion von A nach B

formal Bedeutung
20 + ℵ1 Kardinalität der Vereinigungsmenge 20 ∪ ℵ1
Beispiele
  • Die Beths ab 20 kommen in der Liste der Alephs nicht vor.
  • Es gibt Mengen, deren Mächtigkeit weder ein Aleph noch ein Beth ist.
Menge aus dem Aufteilungsparadoxon: Menge 𝒦 aller Teilmengen von ℕ, die sich um unendlich viele Zahlen von allen anderen in 𝒦 unterscheiden [1]
  • Durch Kombination solcher Mengen und/oder von Alephs und/oder Beths können aber Mengen entstehen, die doch einen Platz in der Liste haben.
20

< 20 + ℵ1
< 21
< 21 + |𝒦|
< 2|𝒦| = 2(20)

  • Es gibt „unvergleichbare“ Mengen (d. h. es gibt keine injektive Funktion von einer in die andere; surjektive Funktionen – und damit eine gewisse Vergleichsmöglichkeit – kann es schon geben).
|ℝ| ≰ ℵ1 und ℵ1 ≰ |ℝ|
  • Je nachdem, wie man die „Größe“ von (unendlichen) Mengen misst, kann sich ändern, welche von 2 Mengen „kleiner“ oder „größer“ ist.
|ℝ| < |𝒦|, aber |𝒦| ≤* |ℝ|

Bemerkenswert ist:

Mathematiker bezeichnen diese Sachverhalte als seltsam[5] und unintuitiv[6].

Weiter

Folgerungen aus dem Determiniertheitsaxiom: Die Mächtigkeit von ℝ unter dem Determiniertheitsaxiom
Mengen: Kartesisches Produkt

Quellen

[1] Klaus Gloede: Skriptum zur Vorlesung Deskriptive Mengenlehre (PDF), S. 160 (im PDF S. 164)
[2] Klaus Gloede: Skriptum zur Vorlesung Deskriptive Mengenlehre (PDF), S. 160 (im PDF S. 164)
[3] Klaus Gloede: Skriptum zur Vorlesung Deskriptive Mengenlehre (PDF), S. 160 (im PDF S. 164)
[4] Buchrezension von 1980 (PDF), S. 347 (im PDF S. 9) – "ℵω + 1 and ℵω + 2 are again measurable."
[5]
  • Beitrag auf Reddit – „AD also has strange consequences; for example, for any integer n > 2, ℵ*n* is singular with cofinality ℵ*2*.“
  • Beitrag auf MathOverflow – „cofinalities tend to behave strangely under AD“
  • B. Löwe: Infinte Games, 24th lecture (PDF), S. 3 – „models of AD are models in which the majority of successor cardinals are singular with some weirdly complicated pattern of cofinalities.“
[6] Buchrezension von 1980 (PDF), S. 347 (im PDF S. 9) – „it is not an easy world to grasp. For instance: what intuition could possibly be behind the fact that ℵ1 and ℵ2 are measurable cardinals, but for every n ≥ 3, ℵn is a singular cardinal (of cofinality ℵ2)?“

Seite erstellt am 29.8.2025 – letzte Änderung am 9.9.2025