| Chemtrails – seriöse Gegenargumente | Seite 4 von 6 |
Kondensstreifen und meteorologische Argumente
Flugzeugabgase bestehen überwiegend aus Wasserdampf, der sich bei der Verbrennung des Treibstoffs gebildet hat. Ist die Atmosphäre kälter als ca. −55°C (je nach Flughöhe), bilden sich aus dem Wasserdampf Eiskristalle, die als Kondensstreifen sichtbar sind. Bei hoher Luftfeuchtigkeit reicht schon eine Temperatur von ca. −35°C und die Kondensstreifen lösen sich nicht so schnell auf (siehe „Appleman Chart“). Solche langlebigen Kondensstreifen werden von den Anhängern der Verschwörungstheorie als „Chemtrails“ bezeichnet. Doch genauso wie natürliche Wolken können auch gewöhnliche Kondensstreifen über längere Zeit bestehen bleiben. Insbesondere wenn in der gleichen Höhe bereits Wolken vorhanden sind, ist eine hohe Luftfeuchtigkeit anzunehmen. Ist die Atmosphäre mit Wasserdampf übersättigt, können die Kondensstreifen sogar wachsen, weil sie Kondensationskeime bereitstellen, an denen sich der überschüssige Wasserdampf niederschlagen kann.
Den besorgten Himmelsbeobachtern fällt auf, dass sich nach dem Auftreten vieler langlebiger Kondensstreifen oft das Wetter ändert. Das ist korrekt beobachtet, aber natürlich kein Beweis für „Wettermanipulation“, sondern ganz leicht meteorologisch zu erklären: Eine herannahende Warmfront bringt feuchte Luft, die über die vorhandene kalte Luft gleitet und mit ihren ersten Ausläufern zuerst in großen Höhen den Wasserdampfgehalt erhöht. Später, wenn sich die Front weiter nähert, erfasst sie aufgrund ihres schräg ansteigenden Verlaufs sukzessive auch immer tiefere Schichten, wo es durch das großflächige Anheben der warmen, feuchten Luft zu Wolkenbildung und eventuell zu Regen kommt.[1]
In der Reiseflughöhe von gewöhnlichen Verkehrsmaschinen herrschen nicht selten gute Bedingungen für die Bildung von Kondensstreifen. Laut Deutschem Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) produzieren die heutigen Verkehrsstrahlflugzeuge zu etwa 20% ihrer Flugzeit einen langlebigen Kondensstreifen. Die Tendenz ist leicht steigend, denn je effizienter Flugzeugtriebwerke werden, desto kühler sind ihre Abgase, wodurch der ausgestoßene Wasserdampf leichter kondensiert. Forscher des DLR haben das in einem Feldversuch mit 2 vergleichbaren, aber unterschiedlich alten Flugzeugtypen, die nahe nebeneinander flogen, nachgewiesen.[2] Der Hauptgrund, warum heute viel mehr Kondensstreifen als früher beobachtet werden, ist jedoch der enorm gewachsene Flugverkehr. Etwas Neues sind die Streifen keineswegs: Sie wurden schon in 1919 berichtet.
Gelegentlich produzieren Flugzeuge einen sehr breiten (sog. aerodynamischen) Kondensstreifen, der nicht durch die Triebswerksabgase entsteht, sondern durch Kondensation der vorhandenen Luftfeuchtigkeit über den Tragflächen. Dort herrscht Unterdruck, wodurch die Temperatur sinkt und die relative Luftfeuchtigkeit steigt, weil mit sinkender Temperatur bekanntlich auch der maximale Wasserdampfgehalt der Luft sinkt. (Die Verdünnung des Wasserdampfes durch den Unterdruck ergibt zwar eine sinkende absolute Luftfeuchtigkeit, aber relativ steigt die Feuchtigkeit dennoch an, weil die Menge an Wasserdampf, die maximal in der Luft sein kann, aufgrund der Abkühlung bei der Ausdehnung des Gases so stark sinkt, dass die Verdünnung klar überkompensiert wird.) Wird eine relative Luftfeuchtigkeit von 100% überschritten, kann der in der Luft vorhandene Wasserdampf als Nebeltröpfchen oder Eispartikel sichtbar werden. Das ist – im Gegensatz zu „normalen“ Kondensstreifen – auch in geringen Höhen, sogar in Bodennähe, möglich.
Es kann auch geschehen, dass sich der aerodynamische Kondensstreifen auf die Flügelspitzen beschränkt. In dem Fall ist er recht schmal und wird durch die sogenannte Wirbelschleppe des Flugzeuges ausgelöst. Das ist eine kreisförmige Luftströmung, die am Ende von Tragflügeln entsteht, wenn diese rasch durch die Luft gleiten. Im Zentrum des Wirbels ist der Luftdruck vermindert, wodurch die relative Luftfeuchtigkeit über 100% steigen kann. Für Laien können die schmalen aerodynamischen Kondensstreifen „wie gesprüht“ aussehen, insbesondere wenn es sowohl die normalen als auch 2 dünne Streifen gibt.

Hybrider Kondensstreifen (erkennbar daran, dass er bei der Auflösung in einzelne Teile zerfällt, weil die vom Flugzeug produzierten Luftwirbel, durch die er entstanden bzw. verstärkt wurde, ungleichmäßig sind)

Der waagrechte Kondensstreifen ist ein hybrider, wobei durch die unterschiedliche Dichte und Struktur die unteren, durch die Wirbelschleppe verstärkten Streifen deutlich heller und in etwas anderer Farbe erscheinen.
Noch komplizierter wird es, wenn die normalen Kondensstreifen (aus den Triebwerken) in die Wirbelschleppe geraten und dort durch den Unterdruck und die tiefere Temperatur stärker wachsen. Solche (sog. hybriden) Kondensstreifen nehmen oft eine auffallend geschwungene Form an, und wenn sie sich auflösen, zerfallen sie häufig in einzelne Teile, weil die Wirbelschleppe nicht gleichmäßig, sondern eher zopfförmig ist. Hat das Flugzeug vier Triebwerke, dann sehen die inneren Kondensstreifen anders aus als die, die von der Wirbelschleppe beeinflusst wurden. Auch das bietet Raum für Fehlinterpretationen.
Auch wenn man tatsächlich – wie von den Verschwörungstheoretikern häufig behauptet wird – mit Zusätzen zu den Kondensstreifen versuchen wollte, den Klimawandel zu bekämpfen (Geoengineering/Climate-
In der seriösen wissenschaftlichen Literatur gibt es tatsächlich einen Vorschlag, gewöhnliche Verkehrsflugzeuge Chemikalien versprühen zu lassen, um das Klima zu beeinflussen. Die Idee ist, effiziente Eiskeime (z. B. Silberjodid oder das billigere Bismuttrijodid) auszubringen, die in den hohen, kalten Wolken große, rasch herabsinkende Eispartikel entstehen lassen sollen. Normalerweise gibt es so weit oben in der Atmosphäre einen Mangel an Eiskeimen, sodass die Tröpfchen bis −40°C flüssig bleiben können und nur langsam wachsen. Effiziente Eiskeime haben eine ähnliche Kristallstruktur wie Eis, was das Anlagern von Wassermolekülen zu einem Eispartikel rings um den Keim erleichtert. Silberjodid wird bereits seit langem von Hagelfliegern ausgebracht, um in Gewitterwolken die Entstehung von großen Hagelkörnern zu verhindern. Das Silberjodid bewirkt hier (zumindest in der Theorie), dass mehr, aber kleinere Körner entstehen, die keinen Schaden anrichten. Geoengineering-
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Quellen
| [1] | Holm Hümmler in Skeptiker. Zeitschrift für Wissenschaft und kritisches Denken, 2/2006, S. 50 | ||||
| [2] | Ulrich Schumann: Influence of propulsion efficiency on contrail formation, Aerospace Science and Technology, 2000, S. 391–| [3]
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[4]
| Kiel Earth Institute: Gezielte Eingriffe in das Klima? Eine Bestandsaufnahme der Debatte zu Climate Engineering (PDF), Studie im Auftrag des deutschen Bundesministeriums für Bildung und Forschung, 2011, S. 46, 66 und 81 (im PDF S. 54, 74 und 89)
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