Dieser Artikel wurde im SOL-Magazin, Frühling 2023, S. 7 veröffentlicht. Das SOL-Magazin ist eine Zeitschrift des "Nachhaltigkeitsvereins" SOL.
Lieferung von fair gehandelten Kakaobohnen
Verbreitetes Gütesiegel für fairen Handel
Höchster Fairtrade-Aufschlag
"Fair" muss nicht "bio" sein – hier gibt es beides!
Fairer(er) Handel
Eine Erfolgsgeschichte mit Schattenseiten
Kaffee, Tee, Kakao, Bananen und andere Produkte aus dem Globalen Süden werden auf dem Weltmarkt meist zu einem Spottpreis gehandelt, sodass viele Kleinbauern und ihre Helfer trotz schwerer Arbeit in Armut leben müssen. Die Idee des fairen Handels ist, dass die Verbraucher im Globalen Norden freiwillig etwas mehr bezahlen, damit es den Arbeitern im Süden gut geht.
Fachgeschäfte für fairen Handel sind die Weltläden. Sie gibt es seit 50 Jahren. Seit 30 Jahren gibt es fair gehandelte Produkte auch in Supermärkten. Man erkennt sie dort an einem Gütesiegel. Das bekannteste ist das von Fairtrade.
Wie viel Geld kommt an?
Fairtrade-zertifizierte Produzenten(organisationen) erhalten zusätzlich zum Verkaufspreis eine Prämie. Im Falle von Bananen ist das 1 US-Dollar pro Kiste (18,14 kg). Das sind rund 5 Eurocent pro Kilogramm. Außerdem gibt es bei Fairtrade einen Mindestpreis. Aktuell scheint dieser 5–10 Cent/kg höher als der Bananen-Weltmarktpreis zu sein. Die Lizenzkosten für das Fairtrade-Gütesiegel machen durchschnittlich 0,6% des Verkaufspreises aus;[1] bei Mischprodukten wie Schokokeksen wohl etwas weniger; bei Monoprodukten wie Bananen vielleicht 1%. Das wären 2 Cent/kg. Insgesamt somit Mehrkosten von maximal 17 Cent. In österreichischen Supermärkten kosten Fairtrade-Bananen allerdings meist 30–50 Cent/kg mehr als die billigsten Bananen der gleichen Qualität (fair ist nicht immer bio). 13–33 Cent des Aufpreises gehen offenbar an die Supermärkte bzw. als Mehrwertsteuer an den Finanzminister.
Fairtrade-Lieferanten müssen eine Reihe von Bedingungen erfüllen, was jährlich überprüft wird. Die Kosten für diese Prüfung – je nach Größe der Kooperative bzw. Plantage ca. 1300–4000 US-Dollar pro Jahr – sind von den Produzentenorganisationen selbst zu tragen.
Reicht das?
Die Fairtrade-Prämie ist normalerweise für gemeinnützige Zwecke auszugeben, z. B. landwirtschaftliche Geräte, bessere Lagermöglichkeiten, Schulen, medizinische Versorgung usw. Seit Juli 2021 müssen Arbeiter auf Fairtrade-Plantagen mindestens 70% eines existenzsichernden Einkommens bekommen. Warum nicht 100%? "Die Banane ist leider ein Preiskampfprodukt und bereits geringe Beträge können katastrophale Auswirkungen auf die Absätze haben", erklärte Peter Ehrenberger von Fairtrade Österreich auf Anfrage von SOL. Dabei würde theoretisch eine Erhöhung um 10 Cent/kg genügen, damit die Bananenarbeiter auf 100% kommen.[2]
Tagelöhner, die Kaffee- und Kakao-Kleinbauern helfen, profitieren bis dato kaum von Fairtrade. Warum müssen sie für einen Hungerlohn arbeiten? Interessante Antwort von Fairtrade:
Oftmals geht es den Kleinbauernfamilien schon schlecht und man kann nicht erwarten, dass diese den Arbeiterinnen und Arbeitern mehr bezahlen.
Es ist nicht unbedingt so, dass die Kleinbauern mehr Geld bar auf die Hand bekommen, wenn man zu einem Fairtrade-Produkt greift. Das Geld bekommen die Kooperativen, und oft investieren sie zuerst, um die Produktion zu verbessern. Außerdem kann meist nur ein geringer Teil der Ernte zu Fairtrade-Preisen verkauft werden.
SOL hat beim Futuro-Projekt ausgerechnet, dass bei wirklich fairem Orangensaft die Arbeiter entlang der gesamten Produktionskette rund 1 €/l mehr bekommen müssten. Für Bruchteile eines Euros kann man daher nicht erwarten, dass alle Missstände beseitigt sind.
Quellen