Futuro
Viele Produkte, die wir kaufen können, sind relativ billig, weil
- anderswo Leute zu Hungerlöhnen daran arbeiten
- begrenzte Bodenschätze heute noch günstig ausgebeutet werden können (insbesondere fossile Energie)
- verursachte Umweltschäden nicht mitbezahlt werden
Der Futuro ist ein Projekt der Forschungsgesellschaft SOL, welche sich zum Ziel gesetzt hat, die "wahren" (d. h. fairen und nachhaltigen) Preise von Produkten zu berechnen. Ich arbeite seit Herbst 2008 an dem Projekt mit.
Ergebnisse
- Österreichische Konsumenten müssten um 47 Mrd. €/Jahr mehr bezahlen, wenn die in den gekauften Produkten enthaltenen Arbeitsleistungen wie bei uns in Österreich bezahlt werden sollen. Das wären rund 10 000 €/Jahr pro Erwerbstätigen.[1]
- Die Beiträge der Umweltaspekte fallen vergleichsweise gering aus. Die Futuro-
Preisaufschläge der meisten Produkte werden von den Entlohnungsaspekten dominiert.
Schwierigkeiten
Der Futuro soll faire Bezahlung, Rohstoffverbrauch und Ökobilanzen unter einen Hut bringen, sodass am Ende eine aussagekräftige Zahl herauskommt. Da die Wirklichkeit aber viel komplexer ist, als es eine einzige Zahl wiedergeben kann, muss man diverse Kompromisse eingehen und einen Verlust an Genauigkeit sowie Allgemeingültigkeit akzeptieren:
- Wie soll man verschiedene Größen, die verschiedene Einheiten haben, auf einen gemeinsamen Nenner bringen? Z. B. Entlohnung und Materialverbrauch: Welcher Materialverbrauch ist "gleich schlimm" wie einem Arbeiter einen "Hungerlohn" zu bezahlen?
- Der aktuelle Ansatz des Futuro hinsichtlich Materialverbrauch besteht darin, die in der Zukunft auftretenden Mehrkosten heranzuziehen. Also z. B.: "Weil ich heute 1 Liter Benzin verbrauche, muss irgendwer in der Zukunft den höheren Preis von der entsprechenden Menge erneuerbarer Energie bezahlen." Die Schätzungen dieser zukünftigen Preise sind aber natürlich unsicher und angreifbar.
- Je geringer der Futuro-
Aufschlag, desto besser ist ein Produkt aus ökologischer und sozialer Sicht. Z. B. hat Apfelsaft einen kleineren Futuro- Preis als Orangensaft . Aber heißt das, man soll nur noch Apfelsaft kaufen? Wohl kaum, denn die schlecht bezahlten Arbeiter in fernen Ländern werden nicht reicher, wenn man ihnen keine Produkte mehr abkauft. Beim rein ökologischen Fußabdruck ist die Interpretation vergleichsweise leicht: Weniger ist immer besser. - Mit welchem Geldbetrag soll ein Menschenleben bewertet werden?
- Und wie die Lebensqualität, intakte Natur, Artenvielfalt usw.?
Diese Schwierigkeiten sind vermutlich der Grund, wieso es in der wissenschaftlichen Literatur wenig Vergleichbares zum Futuro gibt.
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Weblinks
Vergangenheit des Futuro-Projekts
- Ökologisch und sozial faire Preise (PDF), Sustainable Austria, 12.2002 – Erste Ergebnisse, wobei die Gewichtungen der verschiedenen Kriterien durch eine Umfrage ermittelt wurden.
- Futuro, der Nachhaltigkeitspreis (PDF), Sustainable Austria, 12.2004 – Der ursprüngliche Ansatz im Detail
- Futuro prices – an integrated sustainability assessment algorithm for products, including social aspects (PDF), 2009 – Neuer Ansatz, wo jetzt jedes Kriterium einen Preis aus rein fachlichen Gründen (ohne Umfrage) bekommen hat. An diesem Paper habe ich mitgearbeitet.
Quellen
[1] | Es gibt über 4 Millionen Erwerbstätige in Österreich. |