Mario Sedlak
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Dieser Artikel wurde im SOL-Magazin, Winter 2024/2025, S. 16 veröffentlicht. Das SOL-Magazin ist eine Zeitschrift des „Nachhaltigkeitsvereins“ SOL.


Aufforstung ist nicht die große Lösung

Zwar binden wachsende Bäume CO2, aber sie absorbieren auch mehr Sonnenlicht als Wiesen, Wüsten und die meisten anderen Flächen.

Wälder werfen nur 5–20% des einfallenden Sonnenlichts zurück in den Weltraum. Das sind rund 10 Prozentpunkte weniger als bei Äckern oder Grasflächen. In der Vergangenheit wurde dieser Effekt bei der Bewertung von Aufforstungen häufig vernachlässigt.[1] Neuere Studien warnen, dass das vermehrt absorbierte Sonnenlicht, welches die Erde erwärmt, mindestens 20% des Klimaschutzeffekts, den man durch die Aufnahme von CO2 erwarten würde, kompensiert. An manchen Standorten tragen Aufforstungen insgesamt sogar zur globalen Erwärmung bei – vor allem da, wo oft Schnee liegt, denn Schnee reflektiert viel Sonnenlicht, und wenn da dann dunkle Wipfel rausschauen, ist das im Vergleich ein relativ großer (ungewollter) Wärmegewinn.

Geringes Potenzial

Österreich wäre laut einer Studie etwa an der Grenze, wo Aufforstungen dem Klima noch etwas bringen können. Großflächige Aufforstungen sind aber sowieso nicht bei uns, sondern in Trockengebieten in China, Saudi Arabien und in der Sahelzone geplant. Theoretisch könnten weltweit 4,5 Millionen km2 (ungefähr die Fläche der Europäischen Union) solcher Trockengebiete aufgeforstet werden. Damit könnten laut der Studie allerdings nur 1% der Treibhausgas-Emissionen bis 2100, wenn diese weiter wie bisher ansteigen, ausgeglichen werden. Beschränkt man sich sinnvollerweise auf jene Flächen, auf denen die kühlende Wirkung dominiert, dann ist nur halb so viel aufzuforsten, und es könnten 2% der Treibhausgase kompensiert werden. Fazit der Forschenden:

Der beschränkte Nutzen von Aufforstungen zeigt, dass die Emissionen rasch reduziert werden müssen.[2]

Das letzte Wort ist allerdings noch nicht gesprochen, denn Bäume haben vielfache Klimawirkungen, die noch nicht alle berechnet werden können. Z. B. beeinflussen sie die Wolkenbildung,[3] was in den jetzigen Studien noch fehlt.[4]

Alternativen

Jedenfalls sind Aufforstungen keine Dauerlösung, weil Wälder nur während der Wachstumsphase CO2 aufnehmen.[5] Um laufend Kohlenstoff zu binden, müssten wir Holz am Ende seines Lebenszyklus z. B. in Pflanzenkohle umwandeln. Diese könnte auf Felder ausgebracht werden und nebenbei auch deren Fruchtbarkeit sowie Wasserhaltevermögen steigern. Allerdings kostet Pflanzenkohle heute noch 400–500 € pro Tonne, und man bräuchte 20–70 Tonnen pro Hektar. Solange noch fossile Energie genutzt wird, ist es einfacher und effektiver, das Holz als Ersatz dafür zu verwenden, anstatt es zu vergraben.

Foto

Photovoltaik-Freiflächenanlage

Auf ungenutzten Trockengebieten könnte auch Solarstrom erzeugt werden. Das würde das Erdklima schneller und effektiver kühlen als das Anpflanzen von Bäumen, obwohl auch Solarmodule dunkel sind und somit zu einer gewissen Erwärmung führen, die jedoch durch die vermiedenen CO2-Emissionen von Gas- und Kohlekraftwerken um ein Zigfaches kompensiert wird. Für den gleichen kurzfristigen Klimaeffekt, wie sie eine Photovoltaik-Freiflächenanlage heute hat, wäre ein 40 Mal so großer Wald nötig. Erst wenn die Energiewende geschafft ist und ein entsprechend großer Teil der Erdoberfläche mit Solarzellen bedeckt ist, wird deren Erwärmungseffekt ins Gewicht fallen.

Quellen

[1] Accounting for albedo change to identify climate-positive tree cover restoration, Nature, 26.3.2024 – „Although previous work has emphasized the importance of accounting for albedo change, albedo is either omitted from–or only coarsely modeled in–most assessments of the mitigation potential of restoring tree cover.“
[2] Limited climate change mitigation potential through forestation of the vast dryland regions (Registrierung erforderlich), Science, 23.9.2022, S. 4 im PDF – „we estimate the total contribution toward offsetting CO2 emissions obtainable from all dryland forestation actions to be limited, emphasizing the need to reduce emissions rapidly“
[3] Limited climate change mitigation potential through forestation of the vast dryland regions (Registrierung erforderlich), Science, 23.9.2022, S. 1 im PDF – „Forestation ... is ... known to cool the local climate by increasing evaporation and inducing increased cloud formation“.
[4] Accounting for albedo change to identify climate-positive tree cover restoration, Nature, 26.3.2024 – „While restoring tree cover can impact other global-scale factors that influence climate (e.g., changes in clouds, evaporation, sensible heat flux, and other factors can alter earth’s top-of-atmosphere longwave and shortwave radiation fluxes as well as surface temperatures in complex ways), quantifying their impact on global climate is not yet tractable.“
[5] Diagramm von Klein et al. 2013 auf Klimafitterwald.at