
Kondensstreifen mit Regenbogenhalo
Physikalische Argumente
Obwohl weder eine Probe aus verdächtigen Kondensstreifen noch anderes „hartes“ Beweismaterial vorhanden ist, kann ein Physiker sachliche Einwände gegenüber der Chemtrail-Theorie vorbringen. Wenn Stetter z. B. behauptet, ein Regenbogenhalo rund um die Sonne sei „auf die Brechung des Lichtes im Aluminiumpulver“ zurückzuführen, dann kann man dagegenhalten, dass gewöhnliche Eiskristalle für diesen Effekt vollkommen ausreichend sind.

Gasglühstrümpfe
Weniger bekannt ist, dass das Welsbach-Patent, welches eine zentrale Rolle in der Chemtrail-Theorie einnimmt, aus physikalischen Gründen gar nicht umsetzbar ist. In der Patentschrift wird behauptet, dass staubförmige Partikel aus bestimmten Materialien in der Lage seien, Wärmestrahlung aufzunehmen und mit kürzerer Wellenlänge wieder abzugeben. Das wäre ein eleganter Weg, um den Treibhauseffekt zu umgehen: Die Strahlung wird einfach in einen anderen Wellenlängenbereich verschoben, wo sie ungehindert in das Weltall entweichen kann. Nur ist genau das aus thermodynamischen Gründen vollkommen unmöglich (siehe nächste Seite). Die patentierte Idee beruht auf einem Missverständnis über das Wirkprinzip des Gasglühstrumpfs, den Carl Auer von Welsbach im 19. Jahrhundert erfunden hat. Dieser leuchtet hell, wenn er in eine Gasflamme gehalten wird. Bei Raumtemperatur leuchtet er jedoch nicht und er gibt dann auch keine andere Wärmestrahlung ab, als es das Planck’sche Gesetz für seine Temperatur erlaubt. Dasselbe würde auf staubförmige „Welsbach-Partikel“ in der Erdatmosphäre zutreffen, entgegen der Behauptung in der Patentschrift. Vielmehr würden diese Partikel wie ein zusätzliches Treibhausgas wirken, denn wenn sie die Wärmestrahlung der Erdoberfläche absorbieren sollen, dann würden sie diese laut Kirchhoff’schem Strahlungsgesetz auch aussenden (unter anderem zurück zur Erdoberfläche, wodurch diese weniger abkühlt).

Im Licht der auf- oder untergehenden Sonne verraten sich gewisse Bestandteile der Luft durch die Farben, die sie absorbieren, besonders gut.
Gelegentlich wird eine Untersuchung aus dem Jahr 2000 zitiert, wo einem US-Forscher (Clifford E. Carnicom) der spektroskopische Nachweis von Barium in der Erdatmosphäre gelungen sein soll. Auch hier muss ein Physiker stutzig werden: Barium ist bei Lufttemperatur ein intransparenter Festkörper und filtert daher nicht nur einzelne Wellenlängen aus dem Licht heraus. Carnicom verglich die dunklen Linien im Spektrum des Sonnenlichts nur mit den bekannten Spektren der Elemente. Er bedachte offenbar nicht, dass Verbindungen von Atomen andere Spektren haben als dieselben Atome einzeln. Reines Barium kann in der Erdatmosphäre gar nicht existieren, da es sehr reaktionsfreudig ist. Die dunklen Linien im roten Licht bei 712 und 728 Nanometer, die Carnicom für den Nachweis von Barium hält, stammen höchstwahrscheinlich von Wasserdampf. Carnicom hat auch nicht direkt Kondensstreifen untersucht, sondern das Licht der auf- oder untergehenden Sonne.
Warum gerade Bariumverbindungen von Flugzeugen verteilt werden sollen, ist aus physikalischer Sicht unklar. Von Barium ist auch im Welsbach-Patent keine Rede. Aluminium- und Bariumverbindungen bewirken keine Lichtverstärkung im Gasglühstrümpf und sind daher keine „Welsbach-Materialien“.
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