Mario Sedlak
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Über meine Artikel

Dieser Artikel wurde im SOL-Magazin, Herbst 2021, S. 13 veröffentlicht. Das SOL-Magazin ist eine Zeitschrift des "Nachhaltigkeitsvereins" SOL.


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Pumpspeicher sind deutlich billiger als Akkus.

Contra dezentrale Stromspeicher

Heimakkus sind vielleicht gut für die Stromrechnung, aber für die Energiewende sind sie ein Irrweg.

Wenn jeder für sich das Optimum rausholt, entsteht nicht unbedingt das Optimum für alle. Die Besitzer eines Heimspeichers sparen Netzkosten, allerdings wird das Netz nicht billiger, wenn weniger Kilowattstunden eingespeist werden. Nur wenn die maximale Netzbelastung sinkt, dann reichen geringere Netzkapazitäten. Aus diesem Grund wurden Heimspeicher in Deutschland nur gefördert, wenn sich deren Besitzer im Gegenzug verpflichteten, niemals mehr als 50% der Nennleistung ihrer Solarzellen einzuspeisen. Es ist unklar, wieso in Österreich auch Speicher gefördert werden, die in keiner Weise netzdienlich arbeiten.

Eine einfache Begrenzung der eingespeisten Kilowatt ist allerdings auch nicht immer optimal. Häufig wird es so sein, dass Strom aus Gaskraftwerken erzeugt wird oder Kohlestrom importiert wird, während Heimspeicher aufgeladen werden. Beim Entladen der Speicher in der Nacht gibt es hingegen häufig Stromüberschüsse, sodass durch den verminderten Netzbezug dann Pumpspeicherkraftwerke mehr Wasser in ihre Stauseen hochpumpen müssen. Dabei gehen ca. 20% der Energie verloren.

Besser miteinander statt gegeneinander

Solange es keine Netzengpässe gibt, wäre es für das Gesamtsystem ideal, wenn alle "am gleichen Strang ziehen", d. h. entladen in den Stunden mit dem teuersten Strom und aufladen in den Stunden, wo der Strom am billigsten ist. Aus gutem Grund ist der österreichische Strommarkt so gestaltet, dass es sich für die Marktteilnehmer nicht lohnt, (Pump)Speicher nur für den eigenen Bedarf anzuschaffen. Es wird vermieden, dass jemand seinen Überschuss mit Verlust speichert, während gleichzeitig wer anderer ein ineffizientes Spitzenlastkraftwerk anwirft.

Gibt es Netzengpässe – z. B. wenn im Sommer mehr Solarstrom erzeugt als lokal verbraucht wird –, dann wäre ein Betrieb nach den Vorgaben des Netzbetreibers hilfreich. Auch für den Ausgleich sehr kurzfristiger Abweichungen zwischen Erzeugung und Verbrauch sind Akkus bestens geeignet. Allerdings gibt es hierfür in Österreich überhaupt keinen Bedarf, da ausreichend Pumpspeicher vorhanden sind.

Für flache Länder könnten Akkus eine Option sein, aber wollten z. B. die Niederlande damit unsere Alpen-Stauseen "nachbauen", würde ihnen das bei heutigen Preisen rund 600 Milliarden € kosten[1] – das sind 35 000 € pro Kopf. Zur Rohstoffgewinnung müssten ganze Berge abgetragen werden, wobei aktuell rund 200 Millionen Tonnen CO2 entstehen würden[2] – 10 Tonnen pro Kopf. Ein Preisverfall wie bei Solarzellen oder Speichermedien für Computer ist nicht zu erwarten, da zur Energiespeicherung eine bestimmte Menge Material physikalisch gebraucht wird.

Realistischer ist der Bau eines leistungsfähigen "Supernetzes" in ganz Europa. Die heute bereits vorhandenen Stauseen würden ausreichen, um 2 Wochen lang den ganzen Kontinent mit Strom zu versorgen. Die Kosten wären nur ein Bruchteil von dem, was dezentrale Lösungen kosten würden.

Quellen

[1] Österreichs Stauseen können laut E-Control 3,2 Milliarden kWh speichern. Großtechnische Akkus kosten ca. 200 €/kWh. Somit ergeben sich rund 600 Milliarden €.
[2] Realistische Studien kommen auf einen CO2-Ausstoß von ca. 0,06–0,1 t pro Kilowattstunde Speicherkapazität.