Steckerfertige Solarzellen
Solarzellen gibt es nicht nur fürs Hausdach, sondern auch als fertiges Gerät, das an eine gewöhnliche Steckdose angesteckt wird und dann sofort Solarstrom einspeist (wenn die Sonne darauf scheint).
Typische Leistung: 150–
Andere Bezeichnungen: Balkonkraftwerk, Solarzwerg, Plug-
Beispiele
Steckerfertige Solarzellen sind nichts Neues. Sie wurden schon 2005 angepriesen.
Gefahren
In Österreich und in Deutschland warnen Elektrikerverbände eindringlich vor steckerfertigen Solarzellen. Im Wesentlichen kann theoretisch Folgendes passieren:
- Die Leitungen können überlastet werden, ohne dass es die Sicherung merkt, weil der eingespeiste Solarstrom nicht über die Sicherung, sondern direkt zu einem Verbraucher fließt. Es ist aber sehr unwahrscheinlich, dass gerade die zusätzlichen 200 W die Leitung abbrennen lassen, da es Sicherheitsreserven gibt und Leitungen normalerweise ohnehin nicht am äußersten Limit belastet werden. Um das Risiko komplett auszuschließen, wird die Verwendung einer schwächeren Sicherung für den betroffenen Stromkreis empfohlen.
- Bei manchen Modellen kann man sich am Stecker elektrisieren, insbesondere wenn man ihn direkt nach dem Ausstecken berührt.
- Wenn die Gleichspannung der Solarzellen im Fehlerfall ins Hausnetz gelangt, spricht ein üblicher FI-
Schalter nicht darauf an. - Laien könnten auf die Idee kommen, gleich eine größere Anzahl von den steckerfertigen Solarmodulen anzuschaffen. Das wäre dann u. U. wirklich gefährlich.
- Bei Montage am Dach könnte der Blitz einschlagen.
- Bei unzureichender Verankerung kann die rund 15 kg schwere Solaranlage herabstürzen und große Schäden bis hin zu Todesfällen verursachen.
Bis jetzt sind noch keine Unfälle mit steckerfertigen Solarzellen bekanntgeworden.
Rechtliche Situation
- In der Schweiz dürfen bis zu 600 W über normale Steckdosen eingespeist werden. Da "kann eine Überlastung in einer korrekten bestehenden Installation in der Regel verhindert werden."
- In den Niederlanden gilt ebenfalls eine Toleranzgrenze von 600 W.
- In Deutschland fallen steckerfertige Solarzellen in eine rechtliche Grauzone. Viele Netzbetreiber untersagen ihre Benutzung. Mit großen Mühen und Kosten ist die Inbetriebnahme aber möglich.
- In Österreich wurde am 1.7.2016 die Einspeisung von bis zu 600 W erleichtert: Es reicht nun im Wesentlichen die Verständigung des Netzbetreibers 2 Wochen vor dem Anstecken der Solarzellen.[1] Allerdings gibt es noch eine Reihe weiterer Fallstricke, die der Vorkämpfer Simon Niederkircher in einem Blog dokumentiert hat:
- Für die legale Verwendung braucht man unbedingt einen Stromzähler, der nicht rückwärts laufen kann, aber in dem Haus, wo er eine Wohnung hat, sind die Elektroanlagen veraltet. Bei einem Austausch des Stromzählers müsste laut Elektrotechnikgesetz die Elektrik des gesamten Hauses (!) auf den neuesten Stand gebracht werden. Das kostet 2500 €.
- Auf einem Gebäude, das höher als 11 m ist, muss (in Wien) auch der Brandschutz geklärt werden.
- Gemäß Ö-
Norm E 8001- dürfen Solarzellen nicht über eine gewöhnliche Steckdose an das Netz angeschlossen werden, sondern nur über eine feste Verbindung. Diese Norm ist zwar nicht gesetzlich verbindlich, zählt aber zu den anerkannten Regeln der Technik. D. h. wenn es zu einem Schaden kommt, kann man Probleme bekommen und z. B. den Versicherungsschutz verlieren, weil die Anlage als "mangelhaft installiert" gilt.4- 712
Funktionsweise
Steckerfertige Solarzellen erzeugen i. A. nur dann Strom, wenn sie eine Netzspannung messen – bei Stromausfall schalten sie ab. Ein Inselbetrieb im Camping-
Wirtschaftlichkeit
Für steckerfertige Solarzellen gibt es meines Wissens in Österreich keine Ökostrom-
- Wer hat untertags durchgängig einen Verbrauch von 150–
200 W in seiner Wohnung? (Zum Speichern würde man einen Akku benötigen; für ins Netz eingespeiste Kilowattstunden bekommt man kaum mehr als 3– 4 Cent/kWh.) - Wer hat am Balkon so viel Sonne wie auf einem Hausdach?
- Vor allem bei Billigprodukten ist fraglich, wie lange sie halten und ob Reparaturen möglich sind.
Steckerfertige Solarzellen mit einer Maximalleistung von 150–
In der Praxis wird die Stromausbeute standortbedingt eher nur 100–
Mit steigenden Strompreisen rechnen sich die Solarzellen schneller. Wenn die Netzkosten zukünftig als Pauschale (Leistungspreis statt Arbeitspreis) verrechnet werden, wie es der Kostenwahrheit entspricht, sieht es mit der Wirtschaftlichkeit schlecht aus.
Viele Käufer von steckerfertigen Solarzellen liebäugeln wohl damit, ihren Stromzähler heimlich rückwärts laufen zu lassen. Die alten Zähler, bei denen das möglich ist, werden aber demnächst ausgetauscht. Außerdem ist es Betrug und kann eine empfindliche Strafe zur Folge haben.
Mein Fazit
Steckerfertige Solarzellen sind nicht so unkompliziert, wie es scheint. Für einen durchschnittlichen Haushalt lohnen sie sich nur, wenn der zu zahlende Strompreis hoch ist und bleibt.
Weiter
Weblinks
- Verein für Konsumenteninformation: über die technischen und rechtlichen Rahmenbedingungen von Balkonkraftwerken in Österreich, 11.6.2024
- E-
Control: Aktuelle rechtliche Vorschriften für den Anschluss von Kleinsterzeugungsanlagen in Österreich - Wikipedia: Solarmodul, Abschnitt "Plug-
In- Photovoltaikmodule" - Heise online: Praxiserfahrungen mit einer Mini-
Solaranlage , 2013 – Auch mit praktischen Tipps - Österreichs Verband der E-Wirtschaft: Informationen für Netzbetreiber
Quellen
[1] | E- |