Mario Sedlak
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Quecksilberausstoß von Kohlekraftwerken

Quecksilbergehalt von Kohle
Durchschnitt 0,2 mg/kg
typische Bandbreite 0,1–0,6 mg/kg
Extremwert 3,6 mg/kg[1]

Kohle enthält neben vielen anderen Schadstoffen auch Quecksilber. Die großen Mengen Kohle, die in Kohlekraftwerken verbrannt werden, ergeben einen bedeutenden Ausstoß des Schwermetalls, wenn keine guten Filter verwendet werden.

Gelangt das Quecksilber mit dem Abgas aus der Kohleverbrennung in die Luft, verteilt es sich ziemlich gleichmäßig über ein sehr großes Gebiet, ähnlich wie Feinstaub. Die größten Belastungen werden i. A. in einer Entfernung bis zur 50-fachen Schornsteinhöhe erreicht, aber ein Teil des Quecksilbers verteilt sich auf der ganzen Welt.[2] Nach 1 Jahr ist erst die Hälfte des ausgestoßenen Quecksilbers niedergegangen![3]

Der Quecksilberausstoß ist daher eher ein globales Problem, fast so wie Kohlendioxid, das den Klimawandel verursacht. Die Menschen, die in der Nähe eines Kohlekraftwerks leben, brauchen sich kaum vor Quecksilber sorgen, denn es wird erst durch Bakterien in eine giftige Verbindung (Methylquecksilber) umgewandelt und nur wenn es sich in der Nahrungskette ansammelt, erreicht es bedenkliche Konzentrationen, z. B. in langlebigen Raubfischen.

Externe Kosten

Verstromte Kohle Quecksilber-
ausstoß
Österreich 1,3 Mt/Jahr 204 kg/Jahr[4]
Deutschland 200 Mt/Jahr 6 656 kg/Jahr
Welt 7 800 Mt/Jahr 500 000 kg/Jahr

Größenordnungen (Datenqualität fraglich)

Mütter, die zu viel Quecksilber im Körper haben, bringen im Durchschnitt Kinder mit verminderter Intelligenz zur Welt. In der EU betrifft das laut einer Studie 1,8 Millionen Kinder pro Jahr. Aufgrund ihrer geistigen Beeinträchtigung erleiden sie einen Einkommensverlust von 8–9 Milliarden €/Jahr, schätzte dieselbe Studie. Diese Summe lässt sich aber nur zum Teil Kohlekraftwerken anlasten:

Mein Fazit

Hinsichtlich Kostenwahrheit beim Vergleich von Kraftwerken ist der finanzielle Schaden durch ausgestoßenes Quecksilber fast vernachlässigbar, obwohl die Vergiftung von Menschen natürlich dennoch nicht akzeptiert werden kann.

Grenzwerte

Quecksilberkonzentration im Abgas
ungefiltert 10–30 µg/m3
Grenzwert in Deutschland 30 µg/m3

+4,9 µg/m3 Toleranz[7]

Istwerte in deutschen Braunkohlekraftwerken 2013 3[8]25 µg/m3
Istwerte in deutschen Steinkohlekraftwerken 2013 1–18 µg/m3[9]
Grenzwert für Braunkohlekraftwerke in der EU ab 2020 7 µg/m3
Grenzwert für Steinkohlekraftwerke in der EU ab 2020 4 µg/m3
Grenzwert für Braunkohlekraftwerke in den USA 4 µg/m3
Grenzwert für Steinkohlekraftwerke in den USA 1,4 µg/m3
erreichbar beim derzeitigen Stand der Technik < 1 µg/m3

In Europa gibt es bislang keine einheitliche Obergrenze für den Quecksilberausstoß. In Deutschland (und wahrscheinlich vielen anderen Ländern) entspricht der geltende Grenzwert einer vollkommen ungefilterten Verbrennung! Erst 2020 sollen diese Scheingrenzwerte in der EU so weit abgesenkt werden, dass zumindest eine moderne Rauchgasreinigung erforderlich ist. Viele Kraftwerke haben die bereits, weshalb keine großen Quecksilberreduktionen zu erwarten sind.

Die USA beweisen, dass auch deutlich anspruchsvollere Ziele erreichbar wären. Dort gelten heute schon so niedrige Grenzwerte, dass eine spezielle Technik zur Quecksilberabscheidung eingesetzt werden muss. Diese ist ausgereift, effizient und kostengünstig.

Lobby-Einfluss

Es gibt eine einfache Erklärung dafür, warum die EU bei der Eindämmung des Quecksilberausstoßes von Kohlekraftwerken den USA so hinterherhinkt: In der Arbeitsgruppe, welche die EU-Grenzwerte festlegte, waren 155 Industrievertreter (überwiegend Kraftwerksbetreiber) und nur acht Umweltschützer. Letztere wurden einfach überstimmt, während diejenigen, die reguliert werden sollten, sich für locker erreichbare Ziele entschieden. – Ein Musterbeispiel dafür, wie Lobbys ihre Interessen durchsetzen, wenn man sie lässt

Ausstoß direkt ins Wasser

Eine kleinere Menge Quecksilber gelangt bei manchen Kohlekraftwerken über das Abwasser aus der Rauchgasreinigung direkt in Flüsse.

Weiter

Quecksilberabscheidung bei Kohlekraftwerken

Weblinks

Quellen

[1] United Nations Environment Programme (UNEP): Reducing mercury emissions from coal combustion in the energy sector (PDF, 1 MB), S. 6 (im PDF S. 11)
[2] Landesregierung von Brandenburg, Antwort auf eine Kleine Anfrage vom 10.11.2014: Quecksilberemissionen aus Brandenburger Braunkohlekraftwerken (PDF), S. 3, Frage 3
[3] Kohlekraftwerke im Fokus der Quecksilberstrategie (PDF), S. 4
[4] Global 2000: Auswirkungen der Kohleverbrennung in Österreich (PDF, 1 MB), S. 13
[5] Global 2000: Auswirkungen der Kohleverbrennung in Österreich (PDF, 1 MB), S. 5
[6] ENTSO-E: Yearly Statistics & Adequacy Retrospect 2012 (PDF, 5 MB), S. 11 – 304 538 GWh + 513 625 GWh = 806 327 GWh
[7] Christian Tebert, Institut für Ökologie und Politik (Ökopol): Quecksilber-Emissionen aus Kohlekraftwerken. Auswertung der EU-Schadstoffregistermeldungen nach einer Idee der BZL GmbH (PDF, 2 MB), S. 14
[8] Christian Tebert, Institut für Ökologie und Politik (Ökopol): Quecksilber-Emissionen aus Kohlekraftwerken. Auswertung der EU-Schadstoffregistermeldungen nach einer Idee der BZL GmbH (PDF, 2 MB), S. 19
[9] Christian Tebert, Institut für Ökologie und Politik (Ökopol): Quecksilber-Emissionen aus Kohlekraftwerken. Auswertung der EU-Schadstoffregistermeldungen nach einer Idee der BZL GmbH (PDF, 2 MB), S. 21

Seite erstellt am 11.12.2015 – letzte Änderung am 28.11.2020