Schaltsekunden
Die gängige Uhrzeit basiert auf der Maßeinheit Sekunde. Die verstrichenen Sekunden können einfach mit Atomuhren gezählt werden.
Doch die Erde braucht für eine Umdrehung etwas länger als 24·60·60 = 86 400 Sekunden. Im Laufe von Jahren würden Mitternacht, Mittag usw. eine immer spätere Uhrzeit haben. Um das zu verhindern, wird an manchen Tagen eine zusätzliche Sekunde eingefügt. Diese Tage sind dann auf der Uhr 86 401 Sekunden lang.
Die eingefügten Sekunden heißen Schaltsekunden, und die Zeit, die sich so ergibt, heißt koordinierte Weltzeit (UTC). Sie ist die einzige Zeitskala, die sowohl auf der Drehung der Erde als auch auf der Maßeinheit Sekunde beruht.
Vorteile
- Uhren können auch zur exakten Messung von Zeitdauern verwendet werden. (Zeitskalen, die ohne Schaltsekunden auf der Drehung der Erde basieren, haben etwas längere und nicht ganz gleichmäßige "Sekunden".)
- Die Uhrzeit bleibt sekundengenau synchron mit der Sternzeit, d. h. mit dem Drehwinkel der Erde – wichtig z. B. für astronomische Beobachtungen und für die Navigation am Meer ohne GPS.
Nachteile
- Die Zeit, die zwischen zwei Zeitpunkten vergangen ist, ist nicht mehr direkt berechenbar. Es müssen extra alle Schaltsekunden zwischen den Zeitpunkten berücksichtigt werden. Da diese nicht regelmäßig, sondern nach Bedarf eingefügt werden – die Erde dreht sich mal schneller, mal langsamer –, können insbesondere zukünftige Zeitpunkte nicht exakt berechnet werden. Das betrifft z. B. Planetenbahnen. Deswegen verwenden Astronomen andere Zeitskalen – ohne Schaltsekunden.
- Schaltsekunden verursachen immer wieder gravierende Störungen in Computersystemen.
Schreibweise
Wenn an einem Tag eine Schaltsekunde eingefügt wird, dann gibt es nach 23:59:59 UTC die Uhrzeit 23:59:60. In mitteleuropäischer Zeit ist das 0:59:60 bzw. während Sommerzeit 1:59:60. Obwohl die Schaltsekunden seit 1972 so definiert sind, wirst du kaum eine Uhr finden, die tatsächlich 60 bei den Sekunden anzeigt. Ebenso kaum einen Computer, dem du so eine Zeit eingeben kannst
Umsetzung am Computer
Die meisten Computer speichern Uhrzeiten ohne Schaltsekunden. Wenn doch eine Schaltsekunde kommt, wiederholen sie die 59. Sekunde oder die 0. Sekunde oder halten die Zeit für 1 Sekunde an oder dehnen die Zeit während einiger Stunden vor und nach der Schaltsekunde. Diese Variantenvielfalt erschwert die Abstimmung verschiedener Systeme, und die Sonderbehandlung der Schaltsekunden begünstigt Softwarefehler.
Kritik
Vor allem die Amerikaner wollen die Schaltsekunde abschaffen. Stattdessen wollen sie im Jahr 2600 eine ganze Stunde einfügen.
Meine Meinung
Im Grunde gibt es die gleichen Schwierigkeiten bei der Sommer-
Die offensichtliche Lösung wäre daher, dass alle Systeme, wo sekundengenaue Genauigkeit nötig ist, intern mit der Internationalen Atomzeit (TAI) arbeiten. Das ist die gleiche Zeitskala wie UTC, nur ohne Berücksichtigung von Schaltsekunden. Es gibt dann keine "doppelten" Sekunden mehr; jede Sekunde hat einen eigenen Datenwert und alle Sekunden sind gleich, sodass Programme nicht so leicht durch Schaltsekunden aus dem Tritt kommen.
Aufwendiger und fehleranfälliger ist hingegen – wie bei der Sommerzeit:
- die richtige Handhabung von Zeitintervallen (typischer Fehler: nach einer Schaltsekunde beginnt alles 1 Sekunde früher, also z. B. um 7:59:59 statt um 8:00:00)
- die Abbildung von zukünftigen Zeitpunkten (die noch nicht von UTC in TAI umgerechnet werden können)
Zur Lösung dieser Probleme müsste der Computer dann doch wieder UTC verwenden – zusätzlich zur Atomzeit TAI.
Technisch wäre es in der Tat am einfachsten, die Schaltsekunden komplett wegzulassen, d. h. die UTC aufzugeben und die Atomzeit als Basis für die Weltzeit und alle Zeitzonen zu nehmen. Es ist weder zu erwarten, dass die Programmierer die richtige Umsetzung der Schaltsekunden jemals hinbekommen, noch dass alle sekundengenauen Systeme auf Atomzeit umgestellt werden, wenn die allgemein verwendete Zeit auf UTC basiert.
Erst im Laufe von Jahrhunderten würde es spürbar später hell werden. Eine Schaltstunde kann man sich sparen, da die Länder vorher schon die Zeitzone wechseln, damit die Kinder nicht im Dunkeln zur Schule gehen müssen. Nach etwa 1000 Jahren hätten dann alle Länder eine Zeitzone nach Westen wechseln müssen, um die Uhrzeit an die Sonnenzeit anzupassen. Mitteleuropäische Zeit wäre dann Weltzeit (ohne Zeitunterschied). In den folgenden Jahrtausenden wird der nötige Wechsel immer schneller, weil die Erde sich immer langsamer dreht, aber die Länge der Sekunde als Maßeinheit gleich bleibt. Darüber brauchen wir uns heute jedoch wohl noch keine Gedanken machen.
Als Kompromiss Schaltminuten anstatt Schaltsekunden einzuschieben, halte ich für wenig hilfreich. Doppelte Minuten müssten in viel mehr Systemen berücksichtigt werden als doppelte Sekunden, und der Programmier- und Testaufwand wäre dann wieder hoch (außer die Computer haben bis ca. 2080 so viel künstliche Intelligenz, dass sie sich selbst programmieren können).
Vergangenheit
Vor 1972 war die Länge der Sekunde in der Uhrzeit "flexibel" und gelegentlich sprang die offizielle Uhrzeit um 50–
Um das Jahr 1820 herum dauerte eine Erdumdrehung ("mittlerer Sonnentag") im Mittel genau 86 400 Sekunden. Vorher drehte sich die Erde schneller (mit Schwankungen). Hätte es immer schon Atomzeit mit Schaltsekunden gegeben, hätten früher gelegentlich Sekunden weggelassen werden müssen:
- von 1601–
1900 ca. 125 - vom Jahr 1–
1900 ca. 10 000 (≈ 3 Stunden) - von ca. 330 v. Chr. bis 1900 ca. 14 500 (≈ 4 Stunden)
Zukunft
- Bis zum Jahr 2600 werden ca. 1800 Schaltsekunden (= 1/2 Stunde) einzufügen sein.
- Bis 3000 ca. 3600 (= 1 Stunde)
- Bis 5000 oder 6000 ca. 43 200 (= 12 Stunden)
- Bis 6000 oder 7500 ca. 86 400 (= ein ganzer Tag)
- In 45 000–
60 000 Jahren ist jeder Tag 86 401 Sekunden lang.
Weiter
Weblinks
- Steve Allen: Future of Leap Seconds – Wenn ich das richtig verstanden habe, waren die Astronomen zuerst (1970) gegen Schaltsekunden, und nun sind sie gegen die Abschaffung ...
- Wann Schaltsekunden offiziell in manchen Ländern eingeführt wurden (englisch, Javascript erforderlich)