Dieser Artikel erschien am 21.3.2015 im Rewe-
Erdwärmegemüse aus Kirchweidach
Wie werden in Deutschland Tomaten und Paprika für das Pro-
Die Hebebühne ruckelt ein wenig. Auf dem Weg nach oben streift sie die dicht wachsenden Tomatenpflanzen. In ca. 5 Meter Höhe sehe ich endlich über sie hinweg. Wahnsinn! Ich bin in einem riesigen Glashaus. Die gegenüberliegende Wand ist kaum zu erkennen. Sie ist rund einen halben Kilometer entfernt. Insgesamt ist eine Fläche so groß wie 16 Fußballfelder umschlossen: 11,8 Hektar! Im Jahr 2014 wurden hier 3300 Tonnen Tomaten und 1100 Tonnen Paprika geerntet.
"Damit decken wir rund 2 Prozent der Nachfrage in Bayern", relativiert der Gärtner Josef Steiner, dem das Gewächshaus mit vier anderen Gesellschaftern gehört. Errichtet wurde es 2013. Es steht in dem kleinen Ort Kirchweidach, den nicht einmal der Schaffner im Zug von Salzburg nach München kannte, als ich bei ihm eine Fahrkarte von Freilassing, wo ich umsteigen musste, nach Kirchweidach kaufte. Genau genommen befindet sich das Glashaus in dem kleinen Örtchen Edt, ein Kilometer nördlich von Kirchweidach. Dieser Weiler fehlt sogar in Google Maps. (OpenStreetMap ist besser.) Als ich in Kirchweidach ausstieg, war das Riesenglashaus – es ist das größte Bayerns – nicht zu übersehen.
Was ist das Besondere?
Das gesamte Gewächshaus wird mit Erdwärme beheizt. Diese wird in einer nahen Bohrung aus 3500–4000 Meter Tiefe gefördert. Steiner freut sich sehr über den "Glücksfall", dass in der Nähe dieser umweltfreundlichen Wärmequelle ausreichend viele Grundstücke verfügbar waren. Die Nachbarn und alle anderen haben das Projekt unterstützt; es gab keine Proteste. Ohne die Fernwärme müsste Steiner bis zu 2000 Liter Heizöl pro Stunde verbrennen. Das wäre sicher nicht nachhaltig und wohl auch zu teuer.
Auch die Bohrung war nicht billig: Rund 15 Millionen Euro musste die Geoenergie Kirchweidach für 400 Bohrtage lockermachen, informierte Georg Osl bei der Führung auf dem Gelände. Aber jetzt steht 120°C heißes Thermalwasser sehr kostengünstig zur Verfügung. "In nächtelangen Verhandlungen haben wir uns auf einen für beide Seiten guten Preis geeinigt", lächelt der versierte Gartenbauunternehmer Josef Steiner. Die unterirdische Wasserschicht soll für mindestens 100 Jahre genug Wärme liefern können.
Durch die Verwendung der Erdwärme im Glashaus werden ca. 13 000 Tonnen Kohlendioxid pro Jahr vermieden. Hinzu kommen kürzere Transportwege, welche eine Ernte in bedeutend besserer Qualität ermöglichen, weil die Früchte an der Pflanze länger reifen können. Zum Verkosten der Tomaten war es am 19. März leider noch etwas zu früh, aber ich bezweifle nicht, dass man den Unterschied schmeckt. Paprika waren schon reif. Unglaublich, wie prall und saftig die sind, wenn sie frisch geerntet wurden.
Steiner kann und will mit ausländischer Billigware nicht konkurrieren. Er pflanzt Tomatensorten, die nicht so viel Wasser einlagern. Dadurch sinkt sein Ertrag in Kilogramm, aber der Geschmack ist besser.
Weiter
Arbeitsweise (Seite 2 von 5) |
Siehe auch
Weblinks
- Bericht von Utopia-
Redakteur Andreas Winterer , der bei der gleichen Tour dabei war