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Gigantischer Stromverbrauch von Raffinerien?
Von Elektroautofans höre ich seit Jahren immer wieder die Behauptung:
Alleine der Stromverbrauch durch Pipelinepumpen und Öl-Raffinerien für die Herstellung eines Liters Benzin reicht zum Antrieb eines Elektroautos fast schon aus.
in jedem Liter Benzin oder Diesel stecken rund 1,5 kWh Strom, der zur Produktion in der Raffinerie verbraucht wird.
Da jeder Liter Sprit 1,5 kWh zur Erzeugung braucht, entsteht durch ein EV mit 150 Wh/km gegenüber einem Verbrenner mit 5 l/100 km überhaupt kein Strommehrverbrauch. Der verbrauchte Strom wird vollständig aus dem für die Spritproduktion gesparten Strom gedeckt.
Laut einer Anfrage des Department of Energy in den USA von 2009 werden in einer Raffinerie rund 1,585 Kilowattstunden Strom für die Erzeugung eines Liters an Kraftstoff benötigt (6 kWh je Liter [korrekt wäre: Gallone])[5].
Irrtum!
In der im letzten Beitrag verlinkten Quelle (ein Kommentar eines Lesers!) ist nicht von Strom, sondern von 1,585 kWh Energie die Rede! 1,585 kWh/l sind etwa 15% graue Energie. (1 l Benzin oder Diesel enthält rund 10 kWh Energie.) Das deckt sich mit anderen Ökobilanzen.
Der Stromverbrauch für die Herstellung von Benzin wird in einer Ökobilanz mit 2,7% (0,0267 TJ/TJ) beziffert. Das erscheint mir plausibel. Raffinerien brauchen die meiste Energie zum Aufheizen des Rohöls. Das wird sicher nicht mit Strom erfolgen, denn Strom ist die teuerste Energiequelle. Die Pumpen fallen relativ wenig ins Gewicht (ähnlich wie bei der Heizung zuhause). Auch wenn man die Pumpen der Pipelines mitrechnet, ändert sich daran wenig.
1,5 kWh Strom kosten für Industriekunden mindestens rund 7 Cent, was zumindest die halbe Marge der Raffinerie (8–
Firmenangaben
- Raffinerie Schwechat:
- Stromverbrauch wie eine österreichische mittelgroße Stadt (mit 40 000 Einwohnern) – Das wären bei 8000 kWh pro Jahr und Kopf (Österreich-
Durchschnitt) 320 GWh/Jahr. - Produktion: 8 Mt/Jahr
- Das wäre ein Stromverbrauch von 320 GWh/8 Mt = 0,04 kWh/kg (= ca. 0,4%).
- Stromverbrauch wie eine österreichische mittelgroße Stadt (mit 40 000 Einwohnern) – Das wären bei 8000 kWh pro Jahr und Kopf (Österreich-
- Raffinerien in Vohburg und Neustadt (Bayernoil):[1]
- Gunvor-
Raffinerie Ingolstadt:[2] - Strombezug von Dritten: 33–
46 GWh/Jahr - Produktion: 3468–
4115 kt/Jahr (ohne Verluste) - Ergibt: 0,008–
0,013 kWh/kg + eigene Erzeugung (der gesamte Energieverbrauch ist 0,76– 0,79 kWh/kg, aber der Gesamtanteil Strom ist nicht angegeben)
- Strombezug von Dritten: 33–
Mein Fazit
Es ist bemerkenswert, welche abenteuerlichen Behauptungen basierend auf dubiosen Quellen so oft zitiert und geglaubt werden. Oft nannten mir die Elektroautofans mitreißende Videos als "Beleg". Das zeigt einmal mehr, wie wenig man solchen Videos glauben darf. Man muss immer Quellen einfordern und nachprüfen, bevor man außergewöhnlichen Behauptungen Glauben schenken darf. Dass es keine seriösen Seiten gibt, wo die 1,6 kWh/l stehen, hätte den Gläubigen zu denken geben sollen.
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Weblinks
- Wieviel Strom braucht Sprit wirklich?, GoingElectric-
Forum – Die Elektroautofans haben 2017 selbst überrissen, dass die 1,6 kWh nicht der Stromverbrauch sind. - Elon Musk: Refining Gas Uses More Electricity Than Electric Cars, Business Insider, 26.10.2011 – Könnte der Ursprung der Legende sein.
Quellen
[1] | Umwelterklärung 2017 der BAYERNOIL Raffineriegesellschaft mbH (PDF, 4 MB), S. 12 (im PDF S. 13) |
[2] | Aktualisierte Umwelterklärung 2018 der Gunvor Raffinerie Ingolstadt GmbH (PDF, 2 MB), S. 8f. (im PDF S. 4) |