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Kaltverdunstung bei Heizkostenverteilern ändert die Abrechnung nicht?
Zur Messung der verbrauchten Heizenergie werden vielfach noch einfache Röhrchen, die mit einer Flüssigkeit gefüllt sind, auf Heizkörper montiert. Je mehr man heizt, desto mehr Flüssigkeit verdunstet und desto mehr muss man zahlen. Allerdings verdunstet die Flüssigkeit zum Teil auch dann, wenn man den Heizkörper nie aufdreht. Das ist die sogenannte Kaltverdunstung. Konsumenten beschweren sich darüber – die Firmen beschwichtigen:
Ablesefirma Techem informiert:
Da in der Regel alle Nutzeinheiten eines Hauses gleichermaßen von dieser Systemeigenschaft betroffen sind, wird die Heizkostenabrechnung nicht fehlerhaft. Zwar weisen alle Heizkostenverteiler eine höhere Anzeige auf, da aber im Sommer kein Heizbetrieb erfolgt, entstehen auch keine Heizkosten. Die relative Heizkostenverteilung gleicht diesen Effekt aus.
Wien Energie gibt "Heiße Tipps":
Da die Kaltverdunstung an allen Heizkörpern (Heizkostenverteilern) annähernd gleich auftritt und das Aufteilungsergebnis nur unwesentlich beeinflusst, haben Sie somit daraus keinen Nachteil.Würde man bei Aufteilung der Gesamtkosten die "Eigenheit" der Kaltanzeige herausrechnen, würde nur die Aufteilungsgröße (Divisor) kleiner und es errechnete sich daraus ein höherer Teilstrichpreis.[1]
Analog die Arbeitsgemeinschaft Heiz- und Wasserkostenverteilung (Verband der Ableseunternehmen in Deutschland), kommentarlos zitiert von der Stiftung Warentest:
In wärmeren Sommern könne es vorkommen, dass an unbenutzten Heizkörpern ein Verbrauch angezeigt wird. Weil das aber in allen Wohnungen der Fall sei, ergebe sich für den Einzelnen kein Nachteil.[2]
Die Ablesefirma Hundt schreibt:
Bei heißen Sommern kann es vorkommen, dass trotz abgeschalteter Radiatoren ein Verbrauch angezeigt wird. Da dies aber bei allen Wohnungen der Fall ist, ergibt sich daraus kein Nachteil für den Einzelnen.
Die deutsche "A+S Gesellschaft für Heizkostenmessung und Abrechnung" behauptet:
Wenn eine erhöhte Sommeranzeige auftritt, sind davon alle Wohnungen – grundsätzlich in gleicher Weise – betroffen. Da sich die zu verteilenden Gesamtkosten aber nicht ändern, wird durch eine erhöhte bzw. verringerte Anzahl von Gesamteinheiten auch der Preis je Einheit geringer bzw. höher. Rechnerische Korrekturen führen daher nicht zu einer Veränderung der einzelnen Kostenanteile.
Die Firma BFW – Friedrich Gohl GmbH, Büro für Wärmemesstechnik beruhigt:
Weil es im Sommer auch mehr als 120 heizfreie Tage geben kann, verdunstet die Flüssigkeit einfach weiter – also unter den Nullpunkt. Die Umgebungstemperatur ist aber für alle Bewohner eines Hauses gleich. Damit gleicht sich diese "Mehrverdunstung" wieder aus.[3]
Ebenso die Abrechnungsfirma "Malik Gert":
Der Preis pro angezeigte Stricheinheit sinkt, das relative Verteilsystem gleicht diesen Effekt aus. An den Kosten für den einzelnen Nutzer ändert sich i. d. R. nichts.
Irrtum!
Einer, der nie aufdreht, würde ohne Kaltverdunstung nichts zahlen. Mit Kaltverdunstung zahlt er.
Auch wenn man nicht so einen Extremfall nimmt, ist die Kaltverdunstung sehr wohl ein "Nachteil für den Einzelnen". Nehmen wir als übersichtliches Beispiel ein Zweifamilienhaus:
mit Kaltverdunstung | ohne Kaltverdunstung | |||
---|---|---|---|---|
Teilstriche | zu zahlen | Teilstriche | zu zahlen | |
Familie A | 40 | 800 € | 35 | 875 € |
Familie B | 10 | 200 € | 5 | 125 € |
Gesamtkosten | 20 € pro Teilstrich | 1000 € | 25 € pro Teilstrich | 1000 € |
Nur für den Wärmelieferanten ist die Kaltverdunstung egal!
Kaltverdunstung ist wie eine Grundgebühr. Je mehr Kaltverdunstung es gibt, desto höher sind die Fixkosten, während die variablen Kosten sinken. Das begünstigt die Vielheizer, während die Sparsamen draufzahlen.
Ein Beispiel aus der Praxis kann ich mit meiner eigenen Fernwärme-
Mein Fazit
Entweder die Mythenverbreiter können alle nicht rechnen oder sie wollen die Konsumenten für dumm verkaufen.
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Quellen
[1] | Wien Energie: |
[2] | Siftung Warentest: Test, 9/2019, S. 6 |
[3] | Firma BFW: Verbrauchsanzeigen an unbenutzten Heizkörpern? (PDF), S. 2 |