Mario Sedlak
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Aufbruchsicherheit eines Fahrradschlosses

Faustregel: Je schwerer und teurer ein Fahrradschloss ist, umso mehr Kraft ist zum Aufbrechen nötig.

Ein billiges oder leichtes und zugleich aufbruchsicheres Schloss scheint es nicht zu geben.

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Billiges Bügelschloss, das Dieben nicht standhielt

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Teuere Bügelschlösser trotzen sogar der Flex einige Minuten lang.

Bügelschlösser

Die US-Firma Stanton Concept behauptete, dass ihr 180 € teures Bügelschloss "TiGr Lock" einem Bolzenschneider "unendlich" lange standhält. Tatsächlich waren es im Test der Stiftung Warentest nur 10 Sekunden. Durchsägen dauerte auch nur 90 Sekunden.

Bei einem guten Bügelschloss braucht man mit Bolzenschneider oder Säge gar nicht erst probieren. Stattdessen werden angeblich Wagenheber eingesetzt. Bei meinem Test mit einem kleinen für Autos, der maximal 750 kg heben kann, hatte ich aber bei keinem Schloss Erfolg. Wenn, dann wird man einen stärkeren, evtl. hydraulisch arbeitenden brauchen, oder ein Werkzeug, wie es die Feuerwehr zum Herausschneiden von Autounfallopfern verwendet.

Die Sendung Kassensturz hat die 13 meistverkauften Fahrradschlösser im Schweizer Materialprüfungsinstitut EMPA testen lassen. Das stärkste Schloss riss bei 36 kN Zugkraft (= Gewicht von 3,6 t). Im Test der ARD-Sendung Kopfball riss ein Bügelschloss bei ca. 1 t. Mit Kältespray und Hammer war es nach ca. 1 Minute offen.

Der größte Feind jedes Schlosses ist die Trennscheibe, auch Winkelschleifer oder Flex genannt. Kaum ein Schloss hält diesem Werkzeug mehr als ein paar Sekunden stand. 2 Minuten sind bereits "eine kleine Sensation". So lange hält z. B. das Kryptonite New York Fahgettaboudit.[1]

Das Bügelschloss Trelock BS 650 ist in 20 Sekunden aufgeflext.[2]

Mit kleinen Akkuschleifern, die man unter dem Mantel tragen kann, bräuchte ein Dieb mehr als 3 Minuten.

Faltschlösser

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Schlechte Faltschlösser bestehen zu einem großen Teil aus Kunststoff.

Im Test der Stiftung Warentest 2013 ließen sich die meisten Faltschlösser "relativ leicht knacken".[3] Die Nieten und relativ dünnen Stahlelemente sind anfällig für Angriffe. Z. B. wurde das Abus Bordo Granit X Plus 6500 in 17 Sekunden durchtrennt.[4] Interessanterweise erreichte genau dasselbe Schloss im Test der Stiftung Warentest die gute Note 2,1. Das Faltschloss Abus Bordo 6000 konnte von den oben bereits erwähnten Schweizer Testern mit einem Akku-Winkelschleifer in 3 Minuten nicht durchtrennt werden.

Zum Durchsägen des Faltschlosses Trelock FS 300-85 Trigo Level 3 benötigten die Tester von Öko-Test nur 46 Sekunden; für das Faltschloss Trelock FS 455-85 Cops Compact Level 4 immerhin 87 Sekunden. Dieses konnte in knapp 3 Minuten auch durch Bohren im Verriegelungsmechanismus geknackt werden. Alle anderen Schlösser in diesem Öko-Test hielten mehr als 5 Minuten Bohren stand. Beim Aufhebeln widerstand kein Faltschloss 30 kN, wie es die Bügelschlösser im Test taten.

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Kettenschloss

Kettenschlösser

Die Burg-Wächter Vierkantkette besteht aus 8 mm dicken Stahlgliedern, die jedoch von einem "ordentlichen" Bolzenschneider in wenigen Sekunden durchtrennt sind.[5]

Ein Kettenschloss von Nean konnte innerhalb von 20 Sekunden durchtrennt werden, ohne viel Lärm zu verursachen.[6]

Textilschlösser

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Durchtrenntes Textilschloss

Flexible Schlösser mit Textilfasern sind eine relativ neue Erfindung. Laut Stiftung Warentest ist das Litelock ähnlich aufbruchsicher wie ein gutes Fahrradschloss. Es hat unter den Textilfasern einen Kern aus Drahtseilen. Das Tex-Lock hingegen ließ sich "außergewöhnlich leicht und schnell" mit einer kleinen Bügelsäge durchtrennen. Im Aufbruchtest der Zeitschrift Drahtesel, den ich geleitet habe, war der Metallkern des Tex-Lock offenbar schon verbessert. Er war relativ hart. Die Textilfasern drumherum sind verdrillt und wehrten sich überraschend stark gegen Durchtrennung mit Bolzenschneider. Gegenüber einer Flex leistete das Schloss aber keinen nennenswerten Widerstand, und daher würde ich es auch maximal als Zweitschloss empfehlen!

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Mit Flex war das Panzerkabelschloss in Sekunden durchtrennt.

Panzerkabelschlösser

Im Test der Stiftung Warentest 2013 ließen sich die geprüften Panzerkabel "häufig leicht knacken".[7] Diebe zwacken Panzerkabel häppchenweise durch. Das funktioniert mit Bolzenschneider, Säge oder Akkuschleifer. Nur Abus Steel-o-Flex 950/100 und Trelock KS 630 überzeugten. Sie wiegen aber 1,6 bzw. fast 1,4 kg.

Ein billiges Panzerkabelschloss lässt sich mit Blechschere und Seitenschneider in etwa 2 Minuten knacken. Mit Bolzenschneider dauert es nicht einmal eine halbe Minute. Das "Prophete Panzerkabelschloss" für 19,99 € aus dem Baumarkt ließ sich in 5 Sekunden mit einem Bolzenschneider durchtrennen.[8]

Für ein Panzerkabelschloss von Abus benötigten die Tester von Kassensturz mit der Trennscheibe gerade einmal 8 Sekunden, bis es entzwei war. So ein Schloss habe ich auch selbst einmal aufgeflext, weil es mit Schlüssel nicht mehr aufging. Das dauerte nur Sekunden. Der "Panzer" war überhaupt kein fühlbarer Widerstand; beim Kabel innen flogen kurz die Funken, aber es war auch kaum Kraft nötig.

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Durchgezwicktes Kabelschloss

Kabelschlösser

Kabelschlösser lassen sich leicht und schnell auch mit kleinem Werkzeug durchzwicken.

Polizisten nennen die Spiralkabel daher ironisch "Geschenkbänder für Diebe".[9]

Zahlenschlösser

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Zahlenschloss

2014 warnte die Stiftung Warentest:

Ob Panzerkabel-, Bügel-, Ketten- oder Kabelschloss – Fahrradschlösser mit Zahlencode ließen sich im Test in rund 20 Sekunden knacken. Vom Profi und vom Laien. Unabhängig davon, ob es sich um ein billiges oder ein Markenschloss handelt ... – mit Säge oder Bolzenschneider ließen sich die Zahlenschlösser ruckzuck knacken.

Versicherer Bikmo erklärt:

da der Mechanismus bei einem Code-Schloss relativ frei liegt, ist er leichter zu knacken. Durch ein mehrfaches Draufschlagen mit einem harten Objekt kann der Mechanismus zerstört und das Schloss aufgebrochen werden.

2019 hat die Stiftung Warentest das Zahlenschloss "Kryptonite Kryptolok 990 Combo Integrated Chain" aber mit "gut" bewertet.

Fazit

Bügelschlösser sind am sichersten, wobei Testsieger oder namhafte Hersteller gewählt werden sollten. Als Zweitschloss empfiehlt die Stiftung Warentest jedoch ein Falt-, Panzer- oder Kettenmodell, weil zum Aufbrechen dieser andere Werkzeuge nötig sind, die der Dieb hoffentlich nicht alle dabei hat.

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Gewaltfreies Knacken von Fahrradschlössern

Weblinks

Quellen

[1] Test der Süddeutschen Zeitung, 8.5.2018, Auswahl "Das Beständige"
[2] Test der Süddeutschen Zeitung, 8.5.2018, Auswahl "Das Massive"
[3] Stiftung Warentest: Test, 4/2013, S. 79
[4] Test der Süddeutschen Zeitung, 8.5.2018, Auswahl "Das mit den Nieten"
[5] Test der Süddeutschen Zeitung, 8.5.2018, Auswahl "Das Rasselnde"
[6] Test der Süddeutschen Zeitung, 8.5.2018, Auswahl "Das Unwirksame"
[7] Stiftung Warentest: Test, 4/2013, S. 80
[8] Test der Süddeutschen Zeitung, 8.5.2018, Auswahl "Das Praktische"
[9] Stiftung Warentest: Test, 4/2013, S. 76

Seite erstellt am 16.6.2019 – letzte Änderung am 31.8.2021