Mario Sedlak
Maßeinheiten
Wissenschaft
Hauptthemen

Henry
(Abkürzung: H)

Eine stromdurchflossene Spule erzeugt ein Magnetfeld. Die Stärke dieses Magnetfelds im Inneren der Spule kann in Weber gemessen werden. Je mehr Strom durch die Spule fließt, desto stärker ist das Magnetfeld. Das Verhältnis von Weber zur Stromstärke in Ampere ist häufig in weiten Bereichen konstant. Es wird "Induktivität" genannt und in der Maßeinheit Henry angegeben:

1 H = 1 Wb/A = 1 Vs/A

Die Voltsekunden erklären sich durch die Tatsache, dass ein sich änderndes Magnetfeld eine Spannung induziert. Deutlicher wird das, wenn man 1 Vs/A umschreibt zu 1 V/(A/s). Es bedeutet:

Wenn sich die Stromstärke, die durch eine Spule mit 1 H fließt, um 1 A/s ändert, wird in der Spule eine Spannung von 1 V induziert.

Oder umgekehrt:

Wenn eine Spule mit 1 H an eine Gleichspannungsquelle von 1 V angeschlossen wird, beginnt die Stromstärke mit 1 A/s zu steigen.

Wenn die 1-H-Spule (und der ganze restliche Stromkreis) keinerlei Widerstand hat, würde die Stromstärke theoretisch ewig um 1 A/s ansteigen (solange ihre Induktivität bei 1 H bleibt). In der Praxis gibt es einen gewissen Widerstand, wodurch die Stromstärke nur direkt zu Beginn um 1 A/s ansteigt. Der Anstieg wird immer langsamer, bis er bei der Stromstärke, die der Widerstand allein verursachen würde, ganz zum Stillstand kommt.

Hat die Spule x Henry, dann steigt die Stromstärke bei 1 V anfangs um 1/x A/s, also je mehr Henry, desto langsamer steigt die Stromstärke.

Wird die Spannung ausgeschaltet, gilt ebenfalls, dass aufgrund der Stromstärkeänderung eine Spannung in der Spule induziert wird. In der Praxis wird diese unmittelbar nach dem Ausschalten so groß, dass die bisherige Stromstärke zunächst noch fast beibehalten wird (abhängig vom Widerstand im restlichen Stromkreis, wo der Strom noch weiterfließen kann – wenn es keinen Weg gibt, dann kann die Spule am Schalter einen Lichtbogen erzeugen). Je größer die von der Spule erzeugte Spannung ist, desto rascher bricht sie zusammen. Umso mehr Henry, desto mehr magnetische Energie hat die Spule zu "entladen".

Eine Spule mit Eisenkern hat zigtausend Mal so viel Henry wie die gleiche Spule mit Luft – allerdings nur bis zu einer bestimmten Stromstärke (nämlich der, wo der Eisenkern vollständig magnetisiert ist). Darüber hinaus sinkt die Induktivität in Henry. Sie ist also nicht unbedingt eine Konstante.

Gebräuchliche Vorsätze

1 nH = 1 Nanohenry = 1 Milliardstel Henry = 10−9 H
1 µH = 1 Mikrohenry = 1 Millionstel Henry = 10−6 H
1 mH = 1 Millihenry = 1 Tausendstel Henry = 10−3 H

Größenordnungen

1,2 nH/mm Leiterstück auf Platine
250 nH/m Koaxialkabel[1]
50 nH–5 mH Spule auf Leiterplatte in elektronischem Gerät
1 µH/m Draht
Hochspannungs-Erdkabel[2]
1–100 µH Ferritschale, die zur Entstörung an ein Kabel geklipst wurde
bis 2 µH Spule ohne Eisenkern (= "Luftspule")[3]
3 mH Spule aus einer hochwertigen Lautsprecher-Frequenzweiche
1 H Drosselspule in einem Röhrenverstärker
180 H Spule für Magnetresonanz-Tomographie
330 H großer Elektromagnet (12 V, 17 Ω, 15–600 mA)
1326 H Spule in einem großen Transformator auf der höchsten Spannungsebene im Stromnetz (500 kV, 3000 MW)[4]
>2000 H? Bei größten Elektromagneten kann der Stromanstieg bis zum Maximum mehrere Minuten dauern.[5] Das kann, je nach Widerstand des Elektromagneten, mehreren tausend Henry entsprechen.[6]

Verwendung

Henry sind eine wichtige Kenngröße von Spulen. Die Henry bestimmen den Blindwiderstand einer Spule (in Ohm). Man kann den Blindwiderstand einer Spule nicht direkt angeben, weil er von der Frequenz des Wechselstroms abhängt.

Für Spulen, die nicht in elektronischen Schaltungen als Blindwiderstand eingesetzt werden, scheint eine Angabe in Henry unüblich zu sein. Ich musste lange suchen, um die Beispiele über 1 H in obiger Tabelle mit den Größenordnungen zu finden.

Jeder stromdurchflossene Bauteil oder Leiter hat eine gewisse Induktivität, die in Henry angegeben werden kann. Wenn das vom Strom erzeugte Magnetfeld bis zu einem anderen Bauteil oder Leiter reicht, kann auch in diesem eine Spannung induziert werden. Diese "Gegeninduktion" kann ebenfalls in der Einheit Henry beziffert werden.

Für Spulenkerne wird oft der sog. AL-Wert in Nanohenry angegeben. Die Henry der fertig gewickelten Spule ergeben sich aus diesem AL-Wert, multipliziert mit der Zahl der Windungen zum Quadrat.

Außerhalb von Elektronik und Elektrotechnik sind Angaben in Henry selten anzutreffen. Laien haben damit kaum zu tun, und in der Physik rechnet man mit anderen, grundlegenderen Größen, wenn elektrische Ströme oder die von ihnen erzeugten Magnetfelder zu untersuchen sind.

Abgeleitete Einheit

Größe Einheit Abk. Anmerkung
  • Induktivitätsbelag einer Leitung
Henry pro Meter H/m für Hochspannungsleitungen und lange Datenleitungen
  • magnetische Permeabilität

Umrechnungsfaktor von magnetischer Feldstärke in magnetische Flussdichte

Henry ergeben sich hier meines Erachtens eher "zufällig" aus dem Verhältnis Tesla/(Ampere pro Meter).[7]

Weiter

Vergleich von Maßeinheiten für Elektromagnetismus

Quellen

[1] Physik-Vorlesungsskriptum (PDF), S. 118 (im PDF S. 3)
[2] René Flosdorff, Günther Hilgarth: Elektrische Energieverteilung. Stuttgart: Teubner, 3. Aufl. 1979 (ISBN: 3-519-26411-0), S. 297f.
[3] Trilogie der induktiven Bauelemente (PDF), S. 26
[4] Impacts of Severe Space Weather on the Electric Grid (PDF), S. 44 (im PDF S. 50)
[5] Die Physik. Ein Lexikon der gesamten Schulphysik. Mannheim: Bibliographisches Institut/Dudenverlag, 1974, S. 380 (Stichwort "Selbstinduktion")
[6]
  • Zeitkonstante einer Spule = Induktivität L (in Henry) durch Widerstand R (in Ohm)
  • 5 Zeitkonstanten nach dem Einschalten ist annähernd die maximale Stromstärke erreicht (z. B. laut Elektroniktutor).
  • ⇒ "mehrere Minuten" = min. 120 s = 5·L/R
  • z. B. R = 100 Ω ⇒ 12 000/5 = LL = 2400 H
[7] T/(A/m) = Vs/m2(A/m) = Vs/Am = H/m

Seite erstellt am 4.10.2021 – letzte Änderung am 26.11.2021