Mario Sedlak
Maßeinheiten
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A-Bewertung

Diagramm

Berechnungformel von Wikipedia

Jede Frequenz wird mit einem Gewichtungsfaktor multipliziert, um aus dem physikalischen Schalldruck eine Schätzung für die wahrgenommene Lautstärke zu erhalten. (Bei Verwendung von Dezibel, wie in der Grafik dargestellt, wird addiert statt multipliziert.)

Dezibel A-bewertet
(Abkürzung: dB (A))

Wie laut der Mensch einen Schall mit gewisser physikalischer Stärke hört, hängt von dessen Frequenz ab. Jeder Schall ist eine Zusammensetzung von einer oder mehreren Frequenzen. Misst man für jede hörbare Frequenz getrennt den Schalldruck und multipliziert diesen mit einem eigenen Gewichtungsfaktor, der die Empfindlichkeit des menschlichen Gehörs für diese Frequenz berücksichtigt, dann ist die Summe ein sehr einfaches Maß für die wahrgenommene Lautstärke.

Wie der Schallpegel wird das so ausgerechnete Maß in der Einheit Dezibel ausgedrückt. Das A nach dem Einheitennamen bezeichnet bestimmte genormte Gewichtungsfaktoren, die angewandt wurden, und dient auch als Unterscheidung der Maßzahl vom rein physikalischen Schallpegel. "Bewertet" heißt in dem Zusammenhang nichts anderes als "gewichtet".

Vorteile

Überschätzung und Unterschätzung der Lautstärke von 40 phon durch die A-Bewertung

Diagramm

Bei 40 phon stimmt die A-Bewertung noch relativ gut.

Überschätzung und Unterschätzung der Lautstärke von 80 phon durch die A-Bewertung

Diagramm

Bei 80 phon wird die Lautstärke tiefer Töne von der A-Bewertung deutlich unterschätzt.

Überschätzung und Unterschätzung der Lautstärke von 100 phon durch die A-Bewertung

Diagramm

Bei Disco-Lautstärke liegt die A-Bewertung noch weiter daneben. (Der punktierte Bereich der Soll-Kurve ist geschätzt.)

Nachteil

Entspricht nur grob der empfundenen Lautstärke, denn:

Größenordnungen

Mehr im Vergleich von Maßeinheiten für die Stärke von Schall

Gebräuchliche Vorsätze

Dezibel werden nie mit einem anderen oder ohne Vorsatz verwendet.

Schreibweise

Schallpegel (egal ob bewertet oder unbewertet) werden immer auf ganze Dezibel gerundet angegeben, da 1 dB in etwa der kleinste hörbare Lautstärkeunterschied ist. In Zwischenrechnungen dürfen/sollen jedoch Nachkommastellen verwendet werden.[6]

Die Einheit wird oft als dBA, dBA oder dB(A) abgekürzt. Gemäß internationaler Konventionen ist das eigentlich unzulässig, da an die genormten Einheiten keine Kürzel darangestellt werden dürfen.[7] Ich erachte eine derartige Zusatzinformation in dem Fall aber für sinnvoll. Auch für Licht und Radioaktivität haben die auf den Menschen bezogenen Maße eigene Einheitennamen, was Verwechslungen vorbeugt. Als Kompromiss schreibe ich einen Abstand zwischen Maßeinheit und Klammer: dB (A). So sieht die Klammer nicht wie ein Bestandteil der Maßeinheit aus, und die Information ist dennoch angegeben. Nur innerhalb einer Formel (z. B. 50 dB + 10 dB) lasse ich das "(A)" weg.

Vergangenheit

Die A-Bewertung wurde 1936 eingeführt. Damals waren Messgeräte noch keine Computer. Die Gewichtungsfaktoren mussten durch Schaltkreise mit Kondensatoren und Spulen nachgebaut werden. Deswegen verwendet die A-Bewertung nicht die idealen Faktoren, sondern eine stark vereinfachte Kurve.

A-Bewertung war eigentlich nur für relativ leisen Schall um die 40 phon vorgesehen. Für lautere Geräusche wurden B-, C- und D-Bewertung eingeführt. Der Benutzer musste die richtige Kurve wählen, da die damalige Technik keine automatische Anpassung der Gewichtungsfaktoren im Messgerät ermöglichte.

Wissenschaftler dachten, dass diese vereinfachten Bewertungsfunktionen nur vorübergehend verwendet werden, bis bessere Verfahren technisch möglich sind.[8] Doch das vermeintliche Provisorium setzte sich weltweit durch und ist heute noch Standard. Man einigte sich sogar darauf, die A-Bewertung für alle Lautstärken zu verwenden, obwohl sie nie dafür gedacht war.

Kritik

Man einigte sich auf dem kleinsten gemeinsamen Nenner, was den Lärmverursachern natürlich sehr recht war. Denn die Ausweitung der Korrekturmethode für den leisen Schall auf alle Schallmessungen führt zu deutlich niedrigeren Werten bei mittlerem und lautem Schall.[9]
Bei breitbandigen Geräuschen – diese treten in der Praxis am häufigsten auf – ergeben sich ... zu niedrige Messwerte. Wegen dieser Abweichung der Ergebnisse beschloss man, die einfachen Geräte nicht mehr als Lautstärkemesser, sondern nur noch als Schallpegelmesser zu bezeichnen. Handel und Industrie waren zufrieden; der A-bewertete Schallpegel fand schnell Eingang in die Gesetzgebung der Lärmvorschriften.
Bei der Messung des Umweltlärms ist bereits seit einigen Jahrzehnten die A-Bewertung vorgeschrieben. Dieses Vorgehen wurde und wird immer wieder stark kritisiert, da der Lärm in der Regel höhere Lautstärkepegel ... aufweist und somit eher eine B- oder C-Bewertung angemessen wäre. Nichtsdestotrotz ist der A-bewertete Schallpegel international das Kriterium, auf dessen Grundlage rechtliche Entscheidungen (z. B. über Verpflichtungen zum Lärmschutz) getroffen werden.[10]

Immer wieder wundern sich Lärm-Geplagte, wenn der Experte mit dem geeichten Gerät kommt und nur einen moderaten Schallpegel misst ...

Andererseits scheinen viele Messgeräte für A-bewertete Dezibel Ultraschall mitzumessen, weil die Gewichtungskurve für hohe Frequenzen nicht steil abfällt.[11] In der Praxis dürfte das weniger ein Problem sein, da vermutlich nicht viele Lärmquellen hohe Anteile an Ultraschall aussenden.

Meine Meinung

Wissenschaftlich und technisch gibt es längst keinen Grund mehr, die Lautstärke mit der grob vereinfachenden A-Bewertung zu berechnen. Phon und Sone sind bessere Skalen, und für diese sind inzwischen auch gute Messgeräte verfügbar.

Vergleich

A-bewertete Dezibel sind in etwa so, als würde man alle Flüssigkeiten mit 1 kg = 1 l rechnen. Der wesentliche Unterschied dürfte nur sein, dass zu wenige Menschen die Schalleinheiten kennen und verstehen. So können sich Politik und Wirtschaft das für sie angenehmste Verfahren in das Gesetz bzw. in die Norm schreiben, ohne dass es zu Gelächter oder einem Aufstand kommt.

Weiter

Sone

Quellen

[1] Messverfahren für Geräuschempfindungen (PDF), S. 4
[2] Messverfahren für Geräuschempfindungen (PDF), S. 4
[3] Walter Reichardt: Lautstärke, Lautheit, Lärm (PDF, 2 MB), 1966, S. 16 (im PDF S. 15)
[4]
[5] Jürgen Muck, Akustiktest.de: Luftschallmessung – messen, was man hört (PDF), S. 5f. – Schmalbandiges versus breitbandiges Rauschen
[6] Umweltbundesamt: Umweltinformation Lärm: technischer Teil (PDF, 5 MB), 1994, S. 5 (im PDF S. 11)
[7] PTB-Mitteilungen, 6.2007 (PDF, 2 MB), S. 33 – "Die Einheiten dürfen nie dazu dienen, Zusatzinformationen über die Art der Größe zu geben"
[8] Messverfahren für Geräuschempfindungen (PDF), S. 7
[9] Messverfahren für Geräuschempfindungen (PDF), S. 4
[10] Fraunhofer-Institut für Bauphysik: Wirkungsbezogene Gesamtlärmsimulation und -bewertung (PDF, 3 MB), 2013, S. 20
[11] Englische Wikipedia, Artikel "A-weighting" – "Accurate measurements ... require a 20 kHz low-pass filter to be combined with the A-weighting curve in modern instruments. This is defined in IEC 61012 as AU weighting and while very desirable, is rarely fitted to commercial sound level meters."

Seite erstellt am 24.5.2020 – letzte Änderung am 18.1.2023