Firma Ella
Die WEB Windenergie glaubt an eine rosige Zukunft von Elektroautos. Um den Durchbruch zu beschleunigen, hat sie die Tochtergesellschaft Ella gegründet. "Ella" bedeutet "elektrisch laden".[1]
Ursprüngliches Geschäftsmodell
Die Firma Ella baute (wie auch andere Anbieter) Schnellladestationen für Elektroautos. Diese ermöglichen es, auch mit einem reinen Elektroauto längere Strecken, die die Reichweite einer Akkuladung übersteigen, zurückzulegen. Für die Ladung mit bis zu 50 kW verlangt Ella derzeit max. 30 Cent/min vom Benutzer. Der Preis wurde – soweit ersichtlich – nicht durch Kostenkalkulationen, sondern mehr oder weniger "demokratisch", im Dialog mit Elektroautofans festgelegt (wobei manche den Preis für überzogen halten[2]).
Wirtschaftlicher Erfolg
Mit Investitionen von rund 1 Million € erzielte die Firma Ella einen Umsatz von rund 100 000 €/Jahr, der nicht einmal die laufenden Kosten deckte. Das ist typisch für diese Branche und für mich überhaupt nicht überraschend:
- Ellas Schnellladestation für drei Autos in Stockerau kostete 100 000 €.
- Eine Schnellladung dauert 30 Minuten, bringt folglich max. 30*0,3 = 9 € Umsatz, wovon Stromkosten von z. B. 15 Cent/kWh abzuziehen sind. Bei 50 kW fließen in einer halben Stunde 25 kWh, die 25*0,15 = 3,75 € kosten würden. Verbleibt also ein Betrag von ca. 5 € pro Schnellladung zur Deckung der sonstigen Kosten. In Stockerau müssten folglich 100 000/5 = 20 000 Elektroautofahrer zum Vollpreis schnell laden, um auch nur die Errichtungskosten zurückzuverdienen. Doch es gibt auch laufende Kosten. 2015 betrugen diese für die ganze Ella AG rund 250 000 €.[3]
- Die Zahlungsbereitschaft der meisten Elektroautofahrer ist so gering, dass wahrscheinlich keine Lademöglichkeiten wirtschaftlich zu betreiben sind.
- Aus Praxistests ist bekannt, dass Elektroautofahrer kaum jemals außer Haus laden, wenn sie dafür bezahlen müssen.
- Selbst wenn die Elektroautos tatsächlich zu einem Massenphänomen werden sollten und Schnellladestationen irgendwann profitabel zu betreiben sind (was ich beides bezweifle), bleibt unklar, wie sich die Firma Ella gegen Billigangebote von Konkurrenten, die es dann geben wird, schützen will. Ich sehe keinen wirtschaftlichen Vorteil darin, jetzt schon Millionen in Ladestationen zu investieren. Andere Anbieter können jederzeit nachziehen und die Kunden können jederzeit wechseln.
- Wahrscheinlicher ist, dass reine Elektroautos weiterhin nur als Zweitauto in der Stadt oder von Liebhabern, die um jeden Preis auf fossile Energie verzichten wollen, genutzt werden. Wenn ein Durchschnittsautofahrer Langstrecken zurücklegen will, wird er eher den Kauf eines Hybridautos in Erwägung ziehen, bei dem er nicht an wenigen Schnellladestationen eine halbe Stunde Pause machen muss.
Neues Geschäftsmodell
2016 – 2 Jahre nach der Gründung – hat man die ambitionierten Pläne für ein österreichweites Schnellladenetz aufgegeben und stattdessen versucht, mit Vermietung von Elektroautos, Errichtung von E-Ladestationen für Unternehmen, Abrechnungsservice usw. Geld zu verdienen. Der Erfolg war gering. Die Pleite wurde von der WEB Windenergie verhindert, indem sie ihre Tochter von den Aktionären zurückkaufte (zu einem Zehntel des Ausgabepreises). Für die Kunden änderte sich dadurch nichts. Die laufenden Verluste zahlt die WEB. (Bei einem Umsatz von über 100 Millionen €/Jahr kann sie sich das leisten.)
Mein Fazit
Ohne Förderungen sind öffentliche Ladesäulen nicht gewinnbringend zu betreiben – auch wenn Visionäre das nicht glauben wollen.
Weiter
Weblinks
Quellen
[1] | Prospekt ELLA Billigungsfassung (PDF), S. 8 |
[2] |
|
[3] | Jahresabschluss und Lagebericht der ELLA AG 2015 (PDF, 2 MB), im PDF S. 13 (Summe aus 6. Personalaufwand und 8. sonstigen betrieblichen Aufwendungen) |