Assoziationstheorie über das Hören von Musik
Wer Musik hört, wird dabei oft an Situationen erinnert, die für ihn irgendwie in Zusammenhang mit dieser Musik stehen. Diese Gedanken erscheinen von selbst und heißen Assoziationen. In der Regel sind sie beim Musikhören mit Gefühlen verbunden. Nachdem, was ich mich bisher umgehört habe, ist das ein Phänomen, das die meisten Musikliebhaber kennen.
Beispiele
- Viele kennen ein Lied, bei dem sie an ihren Partner denken, weil sie ihn bei diesem Lied kennengelernt haben oder zum 1. Mal mit ihm getanzt haben oder schöne Stunden mit ihm verbracht haben etc.
- Ebenso häufig trifft man Leute, die ins Schwärmen kommen, wenn sie Musik aus ihrer Jugendzeit hören. "Das war noch richtige Musik!", ist ein typischer Ausspruch von ihnen.
- Als ich erstmals in eine Disco ging, wurde überall Eurodance gespielt. Mit dieser Musikrichtung verbinde ich bis heute eine aufregende, geheimnisvolle Zeit. Andere Lieder aus früheren oder späteren Jahren, die sicher auch gut geschrieben sind, weisen i. A. keine Assoziationen auf und gefallen mir daher kaum. Bei Liedern, die die heutigen Jungen hören, habe ich das Gefühl, dass diese "nicht für mich" sind.
- Lieder, die ich nur zuhause gehört habe, bekommen besondere Assoziationen nur dann, wenn sie einem anderen Lied, das mir gefällt, ähneln oder wenn sie aufgrund ihres Textes oder sonstiger Umstände aus der (langweiligen) Masse herausstechen. Die Assoziationen sind offenbar also wichtiger als das Musikstück selbst.
- Musik aus ansprechenden Werbespots, Filmen oder Computerspielen kann mir zu gefallen beginnen, auch wenn es sich eigentlich nicht um meine bevorzugte Musikrichtung handelt (z. B. ein Hit der 1960er Jahre).
- Instrumentalmusik, die in Dokumentationen wie Unser Kosmos zur Untermalung verwendet wurde, ist für mich "Weltraummusik" – und anscheinend nicht nur für mich, denn die Synthesizer-
Musik kam etwa zur gleichen Zeit auf, als erstmals Astronauten und Raumsonden ins All geschickt wurden; daher wurde die Musik wohl für Dokumentationen über den Weltraum als passend betrachtet und ausgewählt. - Assoziationen können von den Abbildungen auf der CD-
Verpackung, vom Musikvideo, von einem Konzert usw. ausgehen. Auch auf das Aussehen der Sänger kommt es an: Sind sie attraktiv oder ein Vorbild für einen, überträgt sich das auf ihre Musik. - Es gibt auch negative Assoziationen, z. B. wenn Lieder ähnlich wie Volksmusik klingen oder wenn sie an kleine Kinder erinnern. (Die Musik von DJ Bobo wurde etwa als "Babyspielzeug" kritisiert, das "im Vormittagsprogramm des Kinderkanals" nicht auffällt.[1]) Ich fühle dann u. U. regelrecht einen Widerspruch, wenn solche negativ besetzten Lieder zugleich alle Elemente aufweisen, die mir ansonsten gefallen (etwa wenn Puppen ein Lied im Stil von Eurodance singen).
Theorie
Anscheinend können sich Gefühle mittels Assoziationen auf die damit verbundene Musik übertragen. Vor allem wenn sowohl die Musik als auch die Situation, in der sie gespielt wird, für den Hörer neu ist, kann dieses Prinzip gut wirken.
Gegenargumente
Es ist zwar plausibel, dass Assoziationen auftreten, aber warum bemerkt das Gehirn seinen Irrtum nicht, selbst wenn ich ein Lied 50 Mal zuhause höre, ohne dass außerhalb meines Kopfes irgendetwas passiert, was mit der Assoziation zu tun hat? Wenn das "Geheimnis der Musik" allein in den (irrtümlichen) Assoziationen läge, wäre nicht zu erwarten, dass die Assoziationen über Jahre hinweg bestehen bleiben. Das Gehirn würde bald einsehen, dass die Verknüpfungen von zwei erstmaligen Eindrücken nur "Zufall" sind.
Mein Fazit
Die Assoziationstheorie erscheint mir vielversprechend, aber nicht ganz vollständig. Die Erklärungslücke führt mich zur Lerntheorie über das Hören von Musik.
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Quellen
[1] | Libro Journal, 3/2001, S. 38 |