Bioplastik
Normales Plastik wird aus Erdöl hergestellt und verrottet nicht. Bioplastik ist hingegen
- aus nachwachsenden Rohstoffen und/oder
- biologisch abbaubar
Meist ist ein Kunststoff mit beiden Eigenschaften gemeint, wenn landläufig von "Bioplastik" gesprochen wird. Nicht immer werden die Kriterien zu 100% erfüllt. Z. B. kann ein Teil fossiles Öl mitverwendet werden, um gewisse Materialeigenschaften zu verbessern.
So gut wie nie stammen die Rohstoffe für "Bio"-
Vorteile von Bioplastik
- unabhängig von Erdöl
- durchlässiger für Sauerstoff und Wasserdampf, wodurch Obst, Gemüse, Brot und Gebäck länger frisch bleiben – Letzteres wird von einer experimentellen Studie der Wiener Universität für Bodenkultur (Boku) bestätigt.
- evtl. einfacher zu entsorgen, weil z. B.
- Gemüse gemeinsam mit der Verpackung entsorgt werden kann oder
- in der Landwirtschaft Folientunnel gleich am Feld eingeackert werden können
Nachteile
- teurer – Bioplastiksackerln kosten etwa vier bis sechs Mal so viel wie herkömmliche Plastikbeutel.
- Verknappung von Flächen zur Nahrungsproduktion – wie bei Biomasse zur Energiegewinnung
Kompostierbarkeit
Als besonderer Vorteil von Bioplastik wird häufig die umweltfreundliche Entsorgbarkeit genannt. Obwohl theoretisch möglich, wird Bioplastik in der Praxis aber nur selten kompostiert:
- "Biologisch abbaubar" heißt lediglich, dass sich das Material unter gewissen Bedingungen nach 12 Wochen zu mindestens 90% zersetzt hat.
- Hierfür sind Temperaturen über 60°C nötig, die nur in speziellen Heißkompostieranlagen erreicht werden. Bioplastik ist also nichts für den eigenen Komposthaufen im Garten.
- In den üblichen Kompostieranlagen werden weder die 12 Wochen noch die 60°C erreicht.
- Außerdem ist das Bioplastik schlecht von normalem Plastik unterscheidbar. Deswegen sortieren die meisten Entsorgungsbetriebe beides aus.
Aus diesen Gründen landet der eigentlich "100% kompostierbare" Bioplastikabfall hauptsächlich in der Müllverbrennung.[1] Das bestätigte mir im September 2013 auch die Umweltberatung und ein Anruf beim Misttelefon der Stadt Wien. Nur die Maisstärkesäcke der Stadt Wien seien in der Biotonne ok. Grundsätzlich gehört Bioplastik in den Restmüll.
Bei der Verbrennung kann wenigstens noch der Energieinhalt des Plastiks genutzt werden. Im Kompost bringt der abbaubare Kunststoff hingegen gar nichts, weil er lediglich in Wasser und Kohlendioxid zerfällt, aber keine Nährstoffe freisetzt.[2] – Es entsteht also keineswegs der benötigte Dünger für die Maisfelder (oder woher auch immer die Rohstoffe kommen). Von einer Kreislaufwirtschaft kann daher keine Rede sein. Bei der Verrottung kann sogar klimaschädliches Methan entstehen.
Und das wird Leuten, die von Plastic Planet inspiriert wurden, noch weniger gefallen: Im Meer verrotten manche biologisch abbaubare Plastiksackerln auch nach 3 Jahren nicht!
Recycling
Altes Bioplastik aus Haushaltsabfällen kann derzeit nicht – wie gewöhnliches Plastik – wiederverwertet werden. Das liegt daran, dass Bioplastik meist aus einem Kunststoffgemisch mit unterschiedlichen Materialen besteht (z. B. 70% erdölbasiert).[3]
Wenn Bioplastik in die gewöhnliche Kunststoffsammlung gelangt, kann es beim Waschen oder Aufbereiten zerfallen und so auch die Materialqualität der herkömmlichen Kunststoffe mindern, warnt der deutsche "Bundesverband Sekundärrohstoffe und Entsorgung".
Ökobilanz
Laut deutschem Umweltbundesamt ist Bioplastik nicht ökologischer als herkömmliches Plastik. Hinsichtlich Kohlendioxid und Energieverbrauch sei Plastik aus nachwachsenden Rohstoffen zwar besser, aber Böden und Gewässer würden mehr belastet.
Der Deutschen Umwelthilfe zufolge schneidet Bioplastik in einer gesamtökologischen Betrachtung oft sogar noch schlechter als gewöhnliches Plastik ab. Im Fall von Plastiksackerln kommt hinzu, dass die biologisch abbaubare Variante dickwandiger sein muss, um dieselbe Reißfestigkeit zu besitzen. Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) bezeichnet Bioplastiksackerln als "klare Kundentäuschung", weil suggeriert wird, dass man diese nicht vermeiden müsse.
Joghurtbecher aus nachwachsenden Rohstoffen sind wegen der fehlenden Wiederverwertung ein Rückschritt.
Mein Fazit
Die Idee von geschlossenen Kreisläufen ohne Abfälle ist schön, wird aber von Bioplastik nicht erfüllt. Vor der Nutzung nachwachsender Rohstoffe im großen Stil kann man nur warnen – siehe Biotreibstoffe. Ein Umstieg auf Bioplastik ist keine Alternative zu einem sparsameren Umgang mit begrenzten Ressourcen.
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Quellen
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[3] | Deutsche Umwelthilfe: Die Wahrheit über biologisch abbaubare Plastiktüten (PDF), 11.4.2012, S. 3 |