Widerlegbarkeit
"Widerlegen" heißt: nachzuweisen, dass eine Aussage falsch ist. Die Widerlegbarkeit spielt in der Wissenschaftstheorie eine zentrale Rolle:
Jede wissenschaftliche Theorie muss – wenigstens im Prinzip – widerlegbar sein, d. h. man muss sagen können, unter welchen Umständen man die Theorie für falsch erachten würde.
Das ist deswegen so eine wichtige Forderung, weil eine prinzipiell unwiderlegbare Aussage nichts über die Wirklichkeit aussagt. Dass sie "bisher nicht widerlegt werden konnte", wie oft argumentiert wird, ist eine notwendige Wahrheit.
Prinzipielle Vorgehensweise
- Allgemeine Gesetzmäßigkeiten (z. B. "Alle Körper werden von der Erde angezogen") sind dann widerlegt, wenn man auch nur einen einzigen Fall beobachtet, wo sie nicht gelten.
- Einzelne Beobachtungen (z. B. "Vor mir steht ein Bildschirm") wären dann widerlegt, wenn man (nocheinmal) hinschaut und sie nicht vorfindet.
Probleme
- Aus Diskussionen weiß ich, dass viele Menschen Probleme damit haben, sich die theoretisch möglichen Fälle vorzustellen, wo eine Aussage widerlegt wäre. Insbesondere, wenn sie die Aussage selbst für wahr halten, erscheint es ihnen absurd, einen Fehler zu suchen. Wenn es einen Fehler gäbe, würden sie die Aussage ja nicht für wahr halten, denken sie. Ich vermute, das ist oft ein Missverständnis, das auf die Verwechselung von widerlegbar und widerlegt zurückgeht.
- Das Kriterium der Widerlegbarkeit passt eigentlich eher für allgemeine Gesetzmäßigkeiten. Diese kann man widerlegen, wenn man den Beobachtungen vertraut. Dann erscheint es aber etwas inkonsequent, im nächsten Schritt auch einzelne Beobachtungen widerlegen zu wollen.
- Im strengsten Sinne kann man nichts widerlegen, da alle Beobachtungen Täuschungen sein könnten. Siehe Wahrheit
- In der Praxis werden wissenschaftliche Theorien nicht sofort als widerlegt betrachtet, wenn es Beobachtungen gibt, die ihr widersprechen. Stattdessen werden häufig Rettungs-
Hypothesen erfunden, was meines Erachtens auch durchaus zulässig ist. Andererseits wird damit auch das Verwerfen von tatsächlich falschen Hypothesen verzögert. Das wird oft scharf kritisiert. Ich sehe hier jedoch kein grundlegendes Problem. Die Geschichte zeigt, dass in der Wissenschaft früher oder später jede Theorie zu Fall gebracht werden kann. Sogar Newtons Mechanik wurde widerlegt, obwohl sie bis ins 19. Jahrhundert von praktisch allen für die "Wirklichkeit an sich" (kein Modell) gehalten wurde.[1]
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Quellen
[1] | John L. Casti: Verlust der Wahrheit. Streitfragen der Naturwissenschaften. München: Droemer Knaur, 1990, S. 517 |