Mario Sedlak
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Physik eines Flugzeugflügels

Ich hatte schon oft Erklärungen gehört oder gelesen, warum ein Flugzeug fliegt. Etwa so in der Art:

Der Flügel ist auf der Oberseite gewölbt, sodass die Luft dort einen längeren Weg hat. Dadurch muss sie oben schneller strömen und aufgrund der Bernoulli-Gleichung entsteht dabei ein Unterdruck, der für Auftrieb sorgt.

Als ich es einmal genauer verstehen wollte, lernte ich, dass diese Erklärung vollkommen falsch ist! Zu meiner weiteren Überraschung lässt sich aber gar nicht so leicht sagen, wie der Auftrieb wirklich entsteht. Strömungslehre ist nicht so ein gut verstandenes Gebiet der Physik, wie ich geglaubt hatte.

Unerwartet schwierig zu erklären

Geht man der Frage nach, warum ein Flugzeug fliegt, stellt man fest, dass es offenbar ganz verschiedene Antworten auf diese Frage gibt. Merkwürdig daran ist, dass jede dieser Erklärungen bis zu einem gewissen Grad überzeugen kann, aber die Zusammenhänge völlig unklar bleiben.[1]
Die gängige Erklärung (und die Methoden, die in ernstzunehmenden Texten über Aerodynamik verwendet werden) zeigen alles andere als klar, wie die Strömung der Luft physikalisch an den Flügel gekoppelt ist.[2]
So richtig verstanden hat es eigentlich niemand ... Es gibt einige plausible Sachen, aber eine richtig gute Begründung ist nicht absehbar. Das merke ich, je mehr Bücher ich über Aerodynamik wälze ... dass die Leute irgendwann aufgeben und sagen: ... Es passt so zusammen, ... im Windkanal und in der ... Simulation – aber eine wirklich gute Begründung ist das alles nicht. ... So richtig 100%ig weiß keiner, warum ein Flugzeug fliegt. Man hat es ingenieurmäßig unter Kontrolle, aber so richtig verstanden, so eine schöne einfache, klare Erklärung, das ist eine andere Geschichte, das scheint nicht zu funktionieren.[3]
Der deutsche Aeroclub erteilte in 2000 einem Aerodynamik-Professor die Aufgabe, endlich einmal eine konsistente und verständliche Erklärung des Fliegens zu formulieren. Sie steht bis heute aus.
Die Erklärung des aerodynamischen Auftriebs hat eine lange Geschichte, aber es gibt bis heute Diskussionen über die zugrundeliegende Physik und ihre Beziehung zu Newtons Mechanik.[4]
Das Verhalten von echten Flugzeugflügeln in drei Dimensionen, die tatsächlich einen Abwind-Wirbel erzeugen, ist kompliziert, und wir haben keine einfachen mathematischen Lösungen, um die anliegenden Strömungen und Turbulenzen zu erklären. Über Aerodynamik gibt es noch viel zu lernen, und die verwendeten Konzepte werden immer noch diskutiert.[5]

Richtige Erklärung

Aus den vielen – oft widersprechenden – Theorien und Ansätzen habe ich folgende ausgewählt, die mir am einleuchtendsten erscheinen:

Screenshot

Quelle: NASA-Applet

Strömung um einen typischen Flugzeugflügel – oben schneller als unten (erkennbar an den weißen und türkisen Strichen, die von links kommen und ursprünglich – außerhalb des Bildes – genau übereinander waren)

  • Wenn die Flügelunterseite Luft nach unten ablenkt, erfährt der Flügel dadurch eine Kraft nach oben. Das ist einfach zu verstehen. (3. Newton'sches Gesetz: Zu jeder Kraft gibt es eine gleich große Gegenkraft.)
  • Wenn sich der Flügel vorwärts bewegt, dann entsteht auf seiner Vorderseite Überdruck und auf der Rückseite Unterdruck – im Prinzip genauso wie bei fahrenden Autos und Lkws. Der Trick des Flugzeugflügels ist, dass seine "Rückseite" nicht senkrecht, sondern fast waagrecht ist und dadurch der Unterdruck hauptsächlich nach oben zieht, anstatt nur zu bremsen wie bei Fahrzeugen. Genauere Erklärung:
    • Die Luft fließt vom Überdruck zum Unterdruck. Der Unterdruck an der Flügelkante zieht sie an, sodass sie der Kante folgt, anstatt einfach vom Flügel wegzuströmen.
    • Erreicht die Luft das Ende der Tragfläche, strömt sie in der "letzten" Richtung weiter. Zeigt die Oberfläche am Ende nach unten, wird also Luft nach unten strömen.
    • Genau dann, wenn der Flügel Luft nach unten ablenkt, erfährt er eine Kraft nach oben. (Wieder klar nach Newton)

Diese Erklärung lässt viele Details weg und reicht nicht aus, um konkrete Berechnungen zu machen, gibt aber meines Erachtens ein gutes Gefühl dafür, wie der Auftrieb entsteht.

Zu beachten:

Auch wichtig für das Verständnis

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Hubschrauber

Tipps

Weiter

Irrtümer über die Physik von Flugzeugflügeln

Weblinks

Quellen

[1] Rita Wodzinski: Wie erklärt man das Fliegen in der Schule? Versuch einer Analyse verschiedener Erklärungsmuster (PDF), Plus Lucis, 2/1999, S. 18 (im PDF S. 1)
[2] Jef Raskin: Coanda Effect: Understanding Why Wings Work – "The common explanation (and the methods used in serious texts on aerodynamics) are anything but clear in showing how the motion of the air is physically coupled to the wing."
[3] Jörn Loviscach: Auftrieb; warum ein Flugzeug fliegt (Video), ab 0:36 und ab 16:38
[4] Klaus Weltner: Physics of Flight – reviewed (PDF), S. 1 – "The explanation of the aerodynamic lift has a long history, but there is controversy regarding the fundamental physics and their relation to Newton's mechanics to date"
[5] Peter Eastwell: Bernoulli? Perhaps, but What About Viscosity? (PDF), S. 11 – "The behaviour of real aircraft wings in three dimensions, which actually produce a vortex downward wash, is complicated, and we have no simple mathematical solutions to explain flow attachment and turbulence. There is still much to learn about aerodynamics, and the concepts involved continue to be argued."
[6] David F. Anderson, Scott Eberhardt: The Newtonian Description of Lift of a Wing (PDF), S. 2
[7]
[8] David F. Anderson, Scott Eberhardt: A Physical Description of Flight (PDF), S. 5

Seite erstellt am 19.11.2019 – letzte Änderung am 26.11.2021