Bernoulli-Gleichung auf Mikroebene
Ich habe lange darüber nachgedacht, wie zu verstehen ist, dass eine "Bernoulli'sche" Strömung vor einer Engstelle beschleunigt. Woher "wissen" die einzelnen Atome oder Moleküle, dass sie schneller werden sollen? Dass es aufgrund der Energieerhaltung so sein muss, war mir rasch klar, aber der tieferliegende Grund blieb im Dunkeln. (So geht es auch vielen Studenten und Lehrern.[1])
Kein einziges Physik-
Im Internet habe ich vereinzelt die von mir gewünschten Erklärungen gefunden, die sich jedoch als falsch erwiesen:
Erklärung | Gegenargumente |
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Meine erste Annahme war auch, dass die Teilchen im schnellen Strom irgendwie "zu beschäftigt" sind, um quer zu ihrer raschen Bewegung noch viel Druck auszuüben. Aber es passt nicht:[3]
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| In einem Rohr fließt durch jeden Querschnitt dieselbe Menge pro Zeit. Der dünne Querschnitt hat weniger Fläche, die genau die größere Geschwindigkeit kompensiert, sodass der Abstand zwischen den Molekülen nicht zunehmen muss. Es wäre auch rätselhaft, wieso Wassermoleküle, die unter hohem Druck stehen, extra großen Abstand halten, wenn sie durch die Engstelle rasen. |
Bei Luft stimmt es, dass in der schnelleren Strömung der Abstand der Teilchen untereinander steigt:
- Bei Gasen wie Luft ist der Druck mehr oder weniger proportional zur Dichte. Höherer Druck heißt: mehr Teilchen prallen auf dieselbe Fläche (in der gleichen Zeit).
- Bei Flüssigkeiten wie Wasser ändert sich die Dichte kaum mit dem Druck. Die Wassermoleküle stoßen sich stark ab, wenn sie auch nur ein bisschen näher gebracht werden. Höherer Druck ergibt sich bei ihnen nicht durch mehr Teilchen, sondern aus dieser höheren Abstoßungskraft, die die Wassermoleküle auch auf die Wand ausüben.
Dieses unterschiedliche Verhalten lässt sich schwer zu einem anschaulichen Bild von "dem" Bernoulli-
Mein Fazit
Die Bernoulli-
Was schon stimmt
Bei idealen Gasen kann der Geschwindigkeitsgewinn in der Engstelle nur aus der Wärmebewegung kommen. (Es gibt kein Kraftfeld, das die Teilchen beschleunigen könnte und zwischen idealen Gasteilchen wirken auch keine Kräfte.) Daraus folgt:
- Das schnell strömende Gas ist kühler als das langsam strömende (gemessen mit mitbewegtem Thermometer).
- Es gibt für Gase eine Obergrenze für die erreichbare Geschwindigkeit, nämlich die Geschwindigkeit, die die kleinsten Teilchen haben. Das ist in etwa die Schallgeschwindigkeit. (In diesen Bereichen gilt die Bernoulli-
Gleichung aber schon deshalb nicht mehr, weil das Medium dann nicht mehr als inkompressibel angenommen werden kann.)
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Quellen
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[2] | Richard P. Feynman, Robert B. Leighton, Matthew Sands: Vorlesungen über Physik. Band 2: Hauptsächlich Elektromagnetismus und Struktur der Materie. München: Oldenburg, 1987 (amerik. Original 1963), S. 814 |
[3] | Peter Eastwell: Bernoulli? Perhaps, but What About Viscosity? (PDF), S. 4 – "One finds the argument that, when air is caused to move in one direction, the particles are somehow so occupied with moving in that direction that they now no longer have time to push as hard laterally (e.g., Niven, 1999). This idea might be intuitive to some, but it has no basis in science." |