Beziehung der Quantentheorie zum Makrokosmos
In unserer Alltagswelt können wir keine Quantenphänomene entdecken:
- keine verschränkten Quantenzustände – etwa ein Würfel, der eine zufällige, aber immer dieselbe Augenzahl wie ein anderer zeigt, wenn man beide wirft
- keine Überlagerung von möglichen Alternativen
- keinen Welle-
Teilchen- Dualismus - keinen Tunneleffekt
Nur bei sehr tiefen Temperaturen kommen makroskopische Quantenzustände vor.
Problem
Dass nicht einmal das kleinste noch mit freiem Auge erkennbare Sandkorn Welleneigenschaften zeigt oder die Wand eines geschlossenen Behälters durchdringt, ist mit der Kleinheit der Quanteneffekte erklärbar. Weniger klar ist:
- Wie kann ein Messgerät die Quantenwelt dazu zwingen, einen bestimmten Wert anzunehmen? (Interpretation der Messung in der Quantentheorie)
- Wieso beobachten wir bei Messgeräten keine Überlagerung von möglichen Messwerten, so wie es die Quantentheorie eigentlich vorschreibt?[1]
- Wo genau und warum endet die Gültigkeit der Quantentheorie und beginnen die Gesetze der klassischen Physik zu gelten?
Veranschaulichung
Ein radioaktives Atom kann sich gleichzeitig im Zustand "zerfallen" und "nicht zerfallen" befinden. Wenn das Leben einer Katze vom Zerfall des Atoms abhängt, kann diese dann ebenfalls gleichzeitig tot und lebendig sein? Das ist ein berühmtes Gedankenexperiment (Schrödingers Katze). Es wird aber häufig missverstanden:
- Wichtig ist, dass man gemäß Quantentheorie nicht einfach sagen kann: "Die Katze ist zu jedem Zeitpunkt tot oder lebendig – wir wissen es nur nicht." Bei Teilchen mit verschränkten Quantenzuständen konnte bestätigt werden, dass die Überlagerungszustände nicht auf fehlendes Wissen zurückgehen können.
- Erwin Schrödinger wollte mit dem Gedankenexperiment zeigen, dass es unsinnig wäre, Quantenzustände, die erst zum Zeitpunkt der Messung eindeutig festgelegt werden, für makroskopische Objekte anzunehmen. Viele Physiker und Philosophen haben Schrödingers Ausführungen aber so verstanden, dass die Katze wirklich tot und lebendig zugleich sein muss.[2]
- Insbesondere kann man nicht sagen, dass erst der Beobachter den Überlagerungszustand beendet. Wenn einer ("Wigners Freund") die Katze gesehen hat, ist es aus Sicht eines 2. Beobachters immer noch möglich, dass sich Katze und 1. Beobachter in einem gemeinsamen (verschränkten) Überlagerungszustand befinden. Und wenn der 2. nachschaut, ist es für einen 3. noch unklar usw.
- Das Experiment ist nicht ausführbar, denn dazu müssten Katze und die ganze Versuchsanordnung völlig von der Außenwelt abgeschottet sein. Eine normale Kiste hält Schall, Wärme usw. nicht zu 100% zurück. Sobald es auch nur theoretisch möglich ist, von außen zu wissen, was in der Kiste vorgeht, treten keine Quanteneffekte mehr auf. (Vgl. Welle-
Teilchen- )Dualismus
Lösung
Makroskopische Objekte werden bereits durch die Umgebung "vermessen", indem z. B. Atome aus der Luft an ihnen abprallen oder indem sie Wärmestrahlung abgeben oder aufnehmen.[3] Aus diesem Grund können sie sich nicht gleichzeitig "da" und "dort" befinden, denn allein die Möglichkeit, dass man anhand der Atome und Wärmestrahlen ihren Ort bestimmen könnte, "zwingt" sie auf diesen Ort und verhindert einen Überlagerungszustand (Dekohärenz).
Um eine Chance auf Erfolg zu haben, müsste Schrödingers Gedankenexperiment nahe am absoluten Nullpunkt (−273°C) und im Vakuum durchgeführt werden. Dann wäre die Katze aber zu 100% tot.
Mich erstaunt, dass sich die Physiker erst in jüngerer Zeit (seit ca. 1980) mit diesen Fragen auseinandersetzen.
Sonstige Erkenntnisse
- Wenn sich ein Elektron unüblich weit von einem Atomkern befindet, dann kann es – solange es dort bleibt – einen Zustand einnehmen, in dem es sich näherungsweise auf einer Bahn um den Kern bewegt, so wie es die klassische Physik erwartet. (Elektronen nahe dem Kern können das nicht, weil die Quantentheorie solche Zustände dort nicht erlaubt.)
- Wenn ein Kraftfeld nicht auf einer mikroskopisch kleinen Skala variiert, dann kann man aus der Quantentheorie ableiten, dass sich Teilchen in diesem Feld annähernd nach den klassischen Gesetzen der Mechanik bewegen (Ehrenfest-
Theorem ).
Meine Meinung
Ich habe keinen Zweifel daran, dass die Quantentheorie im Grenzfall für immer größere Objekte fließend in die klassischen physikalischen Theorien übergeht.
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Quellen
[1] | Bram Gaasbeek: Demystifying the Delayed Choice Experiments (PDF), S. 6 |
[2] | Bild der Wissenschaft, 9/2000, S. 72 |
[3] | Hermann Haken, Hans Christoph Wolf: Atom- und Quantenphysik. Einführung in die experimentellen und theoretischen Grundlagen. Berlin: Springer, 8. Aufl. 2004, S. 432 |