Einfluss der Kosten auf die Preisbildung in der Marktwirtschaft
In der HTL meinte eine Lehrerin: "Kauft im Schulladen, um die Preise zu drücken!" Mehr verkaufte Ware bedeutet bei gleich bleibenden Fixkosten, dass die Kosten pro Ware sinken – aber Kosten und Preise sind in der Marktwirtschaft zwei verschiedene Dinge! Nachfrageerhöhung bedeutet normalerweise höhere Preise, nicht niedrigere, selbst wenn die Kosten sinken. Auch Solarzellen wurden bis 2008 nicht im selben Ausmaß billiger wie die Herstellungskosten gesenkt werden konnten, weil die Nachfrage so hoch war.
Beispiele für Preise ohne Bezug zu Kosten
- Eine Theaterkarte in der 1. Reihe kostet deutlich mehr als in der letzten Reihe, obwohl die Kosten, die der Zuschauer verursacht, in beiden Fällen gleich sind.
- Obst und Gemüse sind in der Hauptsaison am billigsten, auch wenn die Kosten weitgehend unabhängig vom Erntezeitpunkt sind.
- Hotels verlangen für die gleiche Übernachtung in der Hauptsaison mehr als in der Nebensaison – trotz gleicher Personal- und sonstiger Kosten.
- Auch die Schwankungen bei Flugpreisen kann man nur mit dem freien Spiel von Angebot und Nachfrage erklären.
Während in den soeben aufgezählten Fällen die schwankenden Preise weitgehend akzeptiert sind, erwarten sich die Konsumenten ansonsten meist, dass ihnen nur die tatsächlichen Kosten in Rechnung gestellt werden. Die Firmen bemühen sich, diese Illusion aufrecht zu erhalten. Preiserhöhungen begründen sie immer mit "gestiegenen Einkaufspreisen", "Markteinflüssen, denen wir uns nicht entziehen können" oder dgl. In Wahrheit erhöhen sie die Preise, weil sie ganz einfach können – wenn sie können.
Weitere Beispiele
Preise und Kosten können auseinanderlaufen:
- Strom aus österreichischen Wasserkraftwerken verteuert sich im selben Ausmaß wie jeder andere Strom, obwohl das Wasser nicht teurer wird.
- Umgekehrt, wenn der Preis am Strommarkt sinkt (wie z. B. 1999 und 2009 geschehen), zahlen die Kunden für Wasserkraftstrom nicht freiwillig den alten, höheren Preis.
- 2009 ging der Absatz von Bio-
Milch so stark zurück, dass die Bio- Milch – trotz höherer Produktionskosten in der biologischen Landwirtschaft – tw. als konventionelle Milch verkauft werden musste. - Für Äpfel bekamen Bauern im Jahr 2009 nur noch 3–
20 Cent/kg , obwohl sie 35 Cent/kg bräuchten, damit sich der Anbau lohnt. - 2010 gab es ein solches Überangebot an Bio-
Baumwolle, dass dessen Preis fast auf das Niveau von konventioneller Ware fiel.[1]
Die Beispiele belegen die wichtige Einsicht:
- Den Markt interessiert es nicht, welche Kosten ein Hersteller hat; der Marktpreis kann auch darunter sein. Der Verkäufer kann nicht verlangen, was er bräuchte.
- Umgekehrt kann der Marktpreis auch über den Herstellungskosten liegen. Die Anbieter verlangen nicht nur, was sie brauchen, um ihre Kosten zu decken, sondern was der Markt zu zahlen bereit ist.
Ich denke, die Preisbildung in der Marktwirtschaft ist für beide Seiten gleich fair. Einmal hat der Käufer, einmal der Verkäufer mehr Profit.
Wie kann der Käufer erwarten, dass ihm maximal die tatsächlich angefallenen Kosten in Rechnung gestellt werden? Ein Arbeitnehmer, der geringe laufende Kosten hat, verzichtet auch nicht auf einen Teil seines Gehalts. Wer freiwillig mehr als den Marktpreis zahlt oder weniger als den Marktpreis verlangt, der macht eine Spende.
Konsequenzen von zu hohen oder zu niedrigen Preisen
- So erfreulich es für den Kunden ist, wenn die Preise tief sind – die Hersteller werden Verluste nicht auf Dauer hinnehmen, sondern früher oder später die Produktion einstellen. Dadurch wird das Angebot kleiner, und der Preis kann steigen.
- Übersteigt der Preis die Kosten, besteht der Anreiz, die Produktion auszuweiten, was preissenkend wirkt.
Auf diese Weise kehrt der Marktpreis nach einem Preisausreißer früher oder später in die Nähe der tatsächlichen Kosten zurück – vorausgesetzt, die nötigen Mengenanpassungen sind möglich und es gibt genügend Anbieter, die sich gegenseitig Konkurrenz machen.
Mein Fazit
Man braucht sich nicht darüber wundern, dass jemand nimmt, "was er kriegen kann". Das ist der Normalfall in der Marktwirtschaft, auch wenn das gerne verdrängt wird.
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Weblinks
- Kostenlos verteilte Emissionszertifikate verhalfen Stromkonzernen zu Milliardengewinnen – Sollte niemanden überraschen. Beim Verkauf sind die Einkaufspreise, auch wenn sie 0 sind, nicht relevant. Es zählt der Marktwert. Häuser aus Erbschaften sind auch nicht billiger als Häuser, in die der Verkäufer viel Geld gesteckt hat.