Mario Sedlak
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Soziale Regeln

Bei Interaktionen zwischen Menschen und beim Zusammenleben in der Gruppe gibt es viele Regeln zu beachten. Das Besondere daran ist, dass es sich dabei i. A. um unausgesprochene Regeln handelt. Die meisten Menschen lernen intuitiv, was "man" tut und was nicht. Den wenigsten ist bewusst, dass diese Regeln gar nicht so "selbstverständlich" sind und bei näherer Betrachtung oft nicht viel Sinn ergeben.

Beispiele

  • Man spricht über das Wetter oder andere Belanglosigkeiten, wenn man ein Gespräch aufbauen möchte und dazu einen guten Vorwand braucht.
Warum sagt man nicht einfach: "Ich möchte mich mit dir unterhalten!" Wieso braucht man dazu einen Vorwand?
  • Ausreden oder Andeutungen stecken oft auch hinter Angeboten wie "auf einen Kaffee gehen", "Essen gehen", "ins Kino gehen" usw.
Wäre es nicht einfacher, das zu sagen, was man tatsächlich meint, anstatt Andeutungen zu machen?
  • "Ehrlichkeit ist das Wichtigste", sagt man, aber andererseits ist es "unhöflich", jemandem die Wahrheit zu sagen, wenn diese "verletzen" könnte.
Wie kann man zwei Regeln einhalten, die sich gegenseitig logisch widersprechen?
  • Es gibt "verbotene" Fragen, die in gewissen Situationen "unpassend" sind.
Warum werden solche Fragen nicht einfach abgelehnt?
  • Andererseits soll man ungefragt
    • seine Hilfe anbieten
    • was zu essen anbieten, wenn man selbst isst
    • einem Gast alle Wünsche von den Augen ablesen
Wieso sagt man nicht einfach, was man möchte?
  • Körpersprache richtig interpretieren und selbst "angemessene" Signale aussenden
Reicht es nicht, wenn man etwas "Angemessenes" sagt?

Einfach oder kompliziert?

Wer die Regeln nicht einhält, wird sehr schnell ausgegrenzt. Kaum jemand zieht vor seinem Urteil die Möglichkeit in Erwägung, dass es Menschen gibt, die die sozialen Gepflogenheiten einfach nicht kennen, nicht verstehen oder halt "anders" sind, ohne deswegen böse Absichten zu verfolgen.

Dass der richtige Umgang mit Menschen aber keineswegs so einfach und kinderleicht ist, sieht man an Leuten, die eine gar nicht so seltene (Erb-)Krankheit haben, die "Autismus" oder "Asperger Syndrom" genannt wird.

Für Autisten ist Körpersprache eine Art "Geheimsprache", die sie nicht verstehen und erst mühsam erlernen müssen. Etwa 2% der Bevölkerung haben eine Form von Autismus, wobei der Übergang zur Normalität fließend ist. Bei den leichteren Fällen kann man nicht von einer geistigen Behinderung sprechen. Das Gehirn der Betroffenen arbeitet nur anders. Ein Gesichtsausdruck ist für sie schwer zu deuten, vor allem wenn es um "Feinheiten" wie etwa den Unterschied zwischen "müde" und "beleidigt" geht. Kein Wunder, dass sie dadurch viele Situationen falsch einschätzen und unangenehm auffallen.

Aber selbst als "Normaler" lernt man über das richtige Sozialverhalten nie aus. Einige Forscher vermuten sogar, dass wir Menschen im Laufe der Evolution nur deswegen so ein großes Gehirn entwickelt haben, weil die Interaktion mit anderen Menschen so kompliziert ist.

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Seite erstellt am 8.11.2008 – letzte Änderung am 3.3.2017