Mario Sedlak
Hauptthemen

Folgen eines bedingungslosen Grundeinkommens

Rückgang der Wirtschaftsleistung

Die zentrale Frage bei Diskussionen über das bedingungslose Grundeinkommen ist: Werden die Menschen weiterhin arbeiten, wenn sie es nicht müssen, um ihren Lebensunterhalt zu verdienen?

Letzteres halte ich für realistisch. Sicher würden viele trotz bedingungslosem Grundeinkommen weiterarbeiten. Aber wenn insgesamt auch nur 10% weniger gearbeitet wird, dann sinkt die Wirtschaftsleistung ungefähr um denselben Betrag. Da Arbeit teuer ist, wird es kaum überflüssige Arbeiter in der Wirtschaft geben. Wenn es möglich wäre, mit 10% weniger Arbeitern dasselbe herzustellen, dann würde es heute bereits gemacht. Und es werden auch eher nicht die aussteigen, die im Job wenig zu tun haben, sondern die, die viel leisten und dementsprechend viel Stress haben. (Viele werden aufgrund der damit verbundenen Anerkennung ihren Beruf weiterhin ausüben, aber hier geht es nur um die Frage, wessen Arbeitsstunden eher zu den 10% reduzierten gehören.)

Die wegfallenden 10% Erwerbsarbeit können nicht dadurch ausgeglichen werden, dass die Aussteiger in der gewonnenen Zeit selbst Gemüse anbauen, die Hausgemeinschaft bekochen etc. Das erkennt man bereits an dem niedrigen Stundenlohn, der sich aus der hobbymäßigen Arbeit ergäbe (auch wenn man auf das Geld dann nicht mehr angewiesen ist). Ein professioneller Bauer oder Koch schafft locker das Zehnfache mit dem gleichen Arbeitseinsatz. D. h. bestenfalls verursachen die 10% Aussteiger "nur" 9% Rückgang der Wirtschaftsleistung, wenn sie in der gewonnenen Zeit etwas anderes Nützliches herstellen.

Preissteigerungen

Das bedingungslose Grundeinkommen wird damit beworben, dass dann jeder Arbeiten, die ihm nicht gefallen, ablehnen kann. Das klingt schön: Jeder kann sich endlich frei entscheiden, was er mit seiner Zeit anfängt. Und ich bin überzeugt, viele werden diese Gelegenheit auch nutzen. Wir haben dann mehr Künstler, Lebensberater, Philosophen, Aktivisten, Forumsposter und dgl., während es relativ wenige Raumpfleger, Regalbetreuer, Zeitungsaustrager, Erntehelfer, Verkäufer usw. in ihrem Beruf halten wird.

Bis hierhin stimmen mir die Anhänger des bedingungslosen Grundeinkommens zu, aber den nächsten, genauso zwangsläufigen Schritt wollen sie nicht mehr weiterdenken: Inflation, d. h. die zum Leben benötigten Waren werden teurer! Warum?

Und wenn du jetzt denkst: "Na, dann muss das Grundeinkommen halt erhöht werden!", muss ich dich enttäuschen: Damit entsteht lediglich eine Lohn-Preis-Spirale, d. h. mit Erhöhung des Grundeinkommens steigen sofort auch die Preise wieder. Sobald zu viele aus dem Erwerbsleben aussteigen, ist die Idee des bedingungslosen Grundeinkommens nicht mehr zu retten. Selbst Gelddrucken könnte daran nichts ändern. Einzelne Branchen, die keine (leistbaren) Arbeitskräfte mehr finden, könnten schon vorher zusammenbrechen.

Die Befürworter des bedingungslosen Grundeinkommens wollen das alles nicht hören, glauben es nicht oder verdrängen es. In ihrer Welt würde alles so weiterlaufen wie bisher, nur ohne Menschen in Armut. Sie scheinen zu glauben, das Geld kommt aus dem Bankomaten und die Produktvielfalt in den Läden stellt "das kapitalistische System" ohne Zutun von selbst bereit. Doch der materielle Wohlstand kommt keineswegs von selbst, sondern von den Menschen, die hart arbeiten, auch wenn ihnen diese Arbeit "sinnlos" erscheint!

Veränderung der Arbeitseinkommen

Wie bereits gesagt, müssen unbeliebte Berufe besser bezahlt werden, damit sie trotz bedingungslosem Grundeinkommen weiter von ausreichend vielen Menschen ausgeübt werden. Theoretisch könnten die Leute zwar auch für weniger Geld arbeiten gehen, da sie ja vom bedingungslosen Grundeinkommen leben können, aber gerade weil sie das Geld weniger dringend brauchen, ist nicht zu erwarten, dass sie dieselbe (für sie uninteressante) Arbeit für weniger Geld machen. Menschen reagieren auf Anreize! Sicher gibt es auch Leute, die gerne putzen, aber entscheidend ist nur, ob das der Regelfall oder Ausnahmefall ist. In vielen Berufen wird es wohl der Ausnahmefall sein, d. h. die Löhne müssten steigen, damit die Arbeit weiterhin gemacht wird.

Anders sieht es bei beliebten Berufen aus: Bei denen sinkt das Gehaltsniveau – u. U. bis auf 0. In Ansätzen ist das heute schon zu beobachten: Kreative Berufe sind fast durchgängig schlecht bezahlt, weil sich da viele um jeden Preis selbstverwirklichen wollen. Auch bei Frisören gibt es ein Überangebot. Das würde sich wohl noch verschärfen, wenn jeder auch nur aus Spaß Haare schneiden kann, weil sein Lebensunterhalt sowieso gesichert ist.

Veränderung der Ansprüche

Menschen fühlen sich nicht arm, weil sie zu wenig Geld haben, sondern weil sie weniger Geld als die Menschen um sie herum haben. Daraus folgt:

Foto

Reste der Mauer, die West- und Ostberlin trennte

Erhöhung der Steuerbelastung

Um ein bedingungsloses Grundeinkommen finanzieren zu können, müssen gewaltige Beträge umverteilt werden. Selbst die Milliarden der Bankenrettung sind ein Schnäppchen dagegen. Mit einer Finanztransaktionssteuer und erhöhten Vermögenszuwachssteuer ist es genauso wenig getan wie mit Umschichtungen und Einsparungen im Staatshaushalt. Selbst eine 100%ige Erbschaftssteuer brächte nur einen Bruchteil des nötigen Betrags. Es wird eine große Zahl von Verlierern geben. Ihre Steuerbelastung würde mehr oder weniger drastisch ansteigen, sodass sich viele überlegen würden, in einen anderen Staat zu übersiedeln. Wenn sie das machen, verliert das System des Grundeinkommens aber seine Geldquellen. Wir bräuchten eine Mauer wie in der DDR!

Mein Fazit

Die Idee eines bedingungslosen Grundeinkommens, das jedem die "gesellschaftliche Teilhabe" auf Kosten des Steuerzahlers ermöglicht, ist mit Marktwirtschaft, Wohlstand und Freiheit nicht vereinbar.

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Praxistest des bedingungslosen Grundeinkommens

Seite erstellt am 14.7.2012 – letzte Änderung am 6.7.2017