Mario Sedlak
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Horror für Elektrosensible: Bestrahlung mit Funkwellen

Dieser Artikel ist eine Replik zu einem Artikel von Gernot Neuwirth und wurde im SOL-Magazin, Herbst 2016, S. 27 veröffentlicht. Das SOL-Magazin ist eine Zeitschrift des "Nachhaltigkeitsvereins" SOL.


Sind Handy, WLAN und Co. ein Problem?

Für mich ist Lerchls Studie keineswegs eine Sensation. Es ist eine von weit über 10 000 Studien, die über Elektrosmog schon gemacht wurden. Viele hundert haben negative Wirkungen festgestellt. Die Mobilfunkgegner berichten ausführlich darüber – und verschweigen die Studien mit gegenteiligem Effekt, wo der Funk sogar heilende Wirkung zeigte. Bis heute gibt es kein stimmiges Bild von den angeblichen negativen Wirkungen des Elektrosmogs. Daran ändern auch die Ergebnisse von Lerchl nichts. Skeptisch macht, dass er die verstärkende Wirkung für viele Krebsformen nur bei niedriger und/oder mittlerer Bestrahlungsstärke fand, bei der höchsten jedoch nicht. Das deutet normalerweise darauf hin, dass irgendwelche anderen Ursachen am Werk sind. Wenn wirklich die Handy-Strahlen krankmachen, dann wäre zu erwarten, dass bei 50-facher Stärke die gravierendsten Auswirkungen festzustellen sind. Das ist typisch in der jahrzehntelangen Forschung zu den Wirkungen von elektromagnetischen Wellen auf Menschen: Viel wird berichtet, aber nichts passt gut zusammen.

Lerchls Experiment taugt nicht als Argument gegen WLAN oder Mobilfunkbasisstationen, weil diese viel geringere Belastungen (etwa ein Tausendstel bis Zehntausendstel) wie die Benutzung eines Handys verursachen. Wenn schwache Radiowellen und Magnetfelder tatsächlich irgendeine Art von Schaden im menschlichen Körper anrichten, dann wird der Effekt sehr klein sein, sonst hätte man ihn schon gefunden. Amateurfunker und Rundfunksender gibt es schon lange und die verwendeten Leistungen waren zumindest früher drastisch höher als bei Handys bzw. Basisstationen. Patienten wurden sogar absichtlich mit starken Hochfrequenzfeldern "zur Erzeugung einer heilwirksamen Tiefenwärme" bestrahlt. Mitarbeiter in Kraftwerken oder Umspannwerken leiden auch nicht an Elektrosmog.

Zugegeben: Ausschließen kann man eine Gefahr nie, denn dass etwas nicht existiert, ist grundsätzlich unbeweisbar. Ein Verbot bis zum Nachweis der Harmlosigkeit wäre ein Verbot für immer.

Keine Verschwörung

Die Mobilfunkfirmen gehören keineswegs zu den "besten Werbekunden". Der Wirtschaftsbereich "Kommunikation, Büro und EDV" liegt bei den Werbeausgaben nur auf Platz 10.[1] Ich gebe zu bedenken, dass es nicht einmal die Autoindustrie mit ihren zigmal so großen Lobbying-Budgets schafft, Studien über die krankmachende Wirkung von Feinstaub und Stickoxiden zu unterdrücken.

Elektrosensibilität

Eine echte Sensation wäre Gernots Partnerin Gabi, wenn sich ihre Sensibilität gegenüber Handy- und WLAN-Strahlung unter Laborbedingungen reproduzieren ließe. In mehr als 60 wissenschaftlichen Studien sind alle getesteten Elektrosensiblen "durchgefallen" – sie wussten nicht, ob sie bestrahlt werden. Selbst die Mobilfunkkritiker bieten gar keinen Test auf Elektrosensibilität (mehr) an. Dabei wäre der Nachweis sehr leicht möglich, wenn es wirklich so ist, wie Gernot im SOL 154 geschrieben hat:

Weint sie vor Kopfschmerzen und Übelkeit, dann sehe ich mehrere einstrahlende WLANs oder auch nur ein ganz starkes. Hört die Einstrahlung auf, klingen die Symptome wieder ab.[2]

Niemand verlangt eine hundertprozentige Trefferquote, nur deutlich mehr als bei reinem Raten.

Unstrittig ist, dass Elektrosensible tatsächlich leiden. Es dürfte sich um eine Art negativen Placebo-Effekt handeln. So wie ein Scheinmedikament heilend wirken kann, ist auch das Gegenteil möglich, wenn man das erwartet. Placebo-Effekte sind der Normalfall, keine "Einbildung".

Was tun?

Die Ärztekammer warnt vor Handy-Strahlung (wobei sie sich auf die einseitigen Informationen der Mobilfunkkritiker beruft). Ich rate von den Vorsichtsmaßnahmen auch nicht ab. Ein Kabel statt WLAN ist bereits aus Gründen der Abhörsicherheit und des Energieverbrauchs vorzuziehen. WLAN- und handyfreie Plätze soll es geben.

Andererseits: Solche Warnungen geben vielen Menschen das Gefühl, dass an den behaupteten Gesundheitsgefahren "doch etwas dran sein muss". Bekommen die Menschen dann Angst, ist das kontraproduktiv, denn ständige Angst macht wirklich krank.

Über den Autor

DI Mario Sedlak ist Mathematiker und seit 2008 bei SOL. Aufgrund von Gernots Berichten hat er die Faktenlage rund um Elektrosmog studiert.

Siehe auch

Quellen

[1] Focus Media Research laut Gewista Urban Media: Werbemarkt Österreich, Überblick 2013 (PDF, 1 MB), S. 32
[2] SOL-Magazin, Winter 2013/2014 (PDF, 3 MB), S. 25